Ich freue mich so sehr, ich bin richtig euphorisch, weil ich endlich mal eine richtige Halbmarathon-Bestzeit hingelegt habe.
Nachdem ich gestern abend angesichts des immer stärker werdenden Windes immer frustrierter wurde und meine Bestzeithoffnungen eigentlich schon begraben hatte, sind Charly und ich heute vormittag um zehn aufgebrochen, um die 130 km nach Gray zu fahren. Der Start war um 14 Uhr, wir waren viel zu früh da, haben noch ein Sandwich und jeweils ein Gaufre (heiße Waffel) mit Nutella gegessen und verbrachten dann die restliche Wartezeit damit, den Wind zu beobachten, der die Bäume nur so durchschüttelte. Grusel. Lustigerweise haben wir dann sogar noch ein kleines Nickerchen im Auto gemacht, haben uns umgezogen (warum ist die Frage "was zieh ich an" beim Wettkampf nur immer sooooo schwer zu lösen, geht das eigentlich nur mir so?), um 13 Uhr 40 konnten wir noch den Start des Zehn-Kilometer-Laufes sehen, dann haben wir uns noch ein bisschen eingehoppelt, und dann hieß es auch schon, sich an den Start stellen. Pünktlich dazu machte der Himmel seine Schleusen auf, und wenn ich Schleusen sage, dann meine ich das auch - es schüttete wie aus Eimern. Suuper :o)
Total durchnässt warteten wir auf den Startschuss, noch ein Kuss und ein "ich wünsch dir viel Spaß", und dann war mein Charly auch schon von dannen gelaufen. Der Regen hörte dann genauso schnell wieder auf, wie er eingesetzt hatte, und sogar die Sonne kam raus. Das hat den Wind aber nicht davon abgehalten, weiterzublasen.
Ein paar hundert Meter nach dem Start hatte ich dann ein ganz seltsames und sehr angenehmes Gefühl, es war wie eine Euphorie-Spritze, die mir durch und durch ging und in jeder einzelnen Zelle zu spüren war, auf einmal spürte ich es, auf ganz unerklärliche Weise: heute geht was, das wird ein guter Lauf, trotz Wind, und ich freu mich drauf.
Und so lief ich den ersten Kilometer gleich in 5:07. Sorgen habe ich mir deswegen aber keine gemacht. Dann kam die Steigung, vor der mein Arbeitskollege mich schon gewarnt hatte. Mehr als 600 Meter lang ging es richtig zünftig den Berg hoch. Ich hatte nicht so früh damit gerechnet, hatte gar nicht großartig Zeit, darüber nachzudenken, war noch total frisch und habe kaum Zeit eingebüßt - der zweite Kilometer war in 5:32 geschafft. Dann ging es raus aus Gray und rein in den Gegenwind. Komischerweise hat er mich aber nicht gestört. Ich, die ich den Wind beim Laufen so hasse wie sonst nichts! Ich habe beschlossen, dass der Wind nicht schlimm ist und dass ich mir diesen HM nicht von ihm vermiesen lasse. Und so ließ ich Kilometer 3 in 5:17 hinter mir. Bei den Verpflegungsstellen wollte ich nicht viel Zeit verlieren, nahm immer nur im Laufen einen Schluck Wasser und nichts zu essen, und das war total ok. Der Wind kam mal von der Seite, mal von vorne, aber oft auch von hinten. Und so lief ich Kilometer 5 in 5:12, aber im Großen und Ganzen pendelte ich mich auf regelmäßige 5:24 ein, und es war ok, es war schön, es war nicht schlimm, ich konnte das Tempo halten. Ich dachte an Vic, an mein Intervalltraining, und vor allem an meine langen Läufe jedes Wochenende, denen ich es zu verdanken hatte, dass mir diese 21 Kilometer nicht wirklich lang vorkamen. Die Halbmarathon-Distanz ist einfach wunderbar. Kilometer 15 lief ich in erstaunlichen 5:15, wie passend, und dann fand ich wieder meinen Rhythmus bei 5:24. Ab Kilometer 17 liefen wir dann die Saône entlang, und jetzt wurde es fies: Gegenwind, richtig stark, und volle Breitseite, noch dazu hatte der Regen mittlerweile wieder eingesetzt. Komischerweise machte mir der Wind immer noch nichts aus. Ich hielt das Tempo trotzdem bei 5:26 und freute mich auf das Ziel und auf meine Bestzeit. Es ging mir einfach nur gut, das war das Erstaunliche!
Und so lief ich, die ich ganz heimlich davon geträumt hatte,
vielleicht die Sub-1:55 zu knacken, mit einer Zeit von
1:53:19 über die Ziellinie und musste natürlich erst einmal wieder heulen. Charly und seine lieben Arme waren gleich bei mir. (Heute schmierte ich ihn übrigens nur mit Rotz und Schweiß und
nicht mit Wimperntusche voll, die hatte ich angesichts des Regens in weiser Voraussicht gar nicht erst aufgetragen.)
1:53:19!Ich kann es noch gar nicht fassen! Ich bin doch der Schneckenhase, der zu seinen Laufanfängen mit einem 9er-Schnitt die Dreisam entlanggehoppelt ist!
Ich könnte euch alle knutschen und freu mich einfach wie blöd!!
P.S. Ach ja, vielleicht kann mir irgendjemand noch die folgenden zwei Dinge erklären, die ich einfach nicht zu verstehen imstande bin.
1. Warum läuft man einen Wettkampf mit einem wie wild piepsenden Pulsmesser? Was ist der Sinn davon? Es will mir nicht in den Kopf.
2. Warum muss man sich, bei 9°, Wind und Regen, bei den Verpflegungsstellen zur Abkühlung einen Becher Wasser über den Kopf schütten? Was ist der Sinn davon? Es will mir nicht in den Kopf.....
Aber es ist mir auch egal, denn
ich freu mich ja so!!!!!