Sonntag, 29. April 2007

Eine Woche England

Huch, was ist denn hier los ? Wo kommt denn diese Hitze auf einmal her ? Ich habe die gesamte letzte Woche in England verbracht, in unserer Zweigstelle in Birmingham, und hatte dort die ganze Zeit so um die 15° bis maximal 17°. Da war es schon ein kleiner Schock, in Paris bei diesen doch etwas wärmeren Temperaturen zu landen.

England ist wunderbar - ich liebe es :o)

Es ist jetzt auch schon wieder fast vier Jahre her, dass ich das letzte Mal dort gewesen bin, deswegen hab ich mich umso mehr darauf gefreut. In Birmingham war ich noch nie gewesen, hatte mir einfach nur eine riesige Industriestadt vorgestellt, und war dann dementsprechend positiv überrascht. Es gibt da einige sehr hübsche Ecken und Viertel und Gebäude. Ich wollte euch auch viele schöne Fotos mitbringen, aber das wurde leider nix, weil Doofhasi zwar ihre Digitalkamera mitgenommen hat, die memory card aber zuhause vergessen hat. Ganz schön doof, was ?

Das Zentrum ähnelt anderen englischen Großstädten, mit den typischen Läden, die es da überall gibt und die ich so liebe, aus dem einfachen Grund, dass sie so englisch sind - Boots für Drogerieartikel, Waterstone's für Bücher - it's paradise !!, Kaufhäuser (Selfridges und Debenhams), und nicht zu vergessen, Tesco, Waitrose und Sainsbury's, englische Supermärkte. Ich liebe englische Supermärkte, die sind so schön groß und sauber und modern und haben eine solche Riesenauswahl, ich kann da ganze Tage drin verbringen, ohne dass es mir auch nur im Geringsten langweilig dabei würde. Alleine das Angebot an Tee. Hase vor einem Teeregal in einem englischen Supermarkt - ich war im Himmel und habe natürlich kräftig zugelangt, umso mehr, da es dort überall diese unsäglichen Buy two, get three-Angebote gibt, da hab ich mich aber gleich mal sowas davon einlullen lassen *lach*. Und die Kekse ! Keine Kekse der Welt sind so gut wie englische Kekse ! Kennt ihr Hobnobs ? Chocolate Hobnobs ? Digestives und Chocolate Digestives ? Flapjacks ? Ich stand vor dem Regal und hatte eine Riesenfreude daran, diese Kekse einzukaufen, umso mehr, da der Mann an meiner Seite wohl der größte Kekseliebhaber auf diesem Planeten ist und ich mich jetzt unbändig darauf freue, wie er meine Lieblingskekse wohl finden wird.

Damit bin ich eigentlich auch schon bei meinem Lieblingsthema: ich liebe das Essen in England. Meiner Ansicht nach ist diese vorgefaßte Meinung, englisches Essen sei ungenießbar, ein hartnäckiges Vorurteil und überhaupt schon längst überholt. Ich persönlich esse nirgends so gut wie in England, und das meine ich ganz ernst. Und das sagt wohlgemerkt eine, die in Frankreich wohnt, im Burgund noch dazu :o)
Mein Gepäck war auf der Heimreise ungefähr viermal so schwer wie auf der Hinreise, ich hatte ganz schön was zu schleppen - örks.

An einem Abend hat mich meine Chefin mit nach Stratford-on-Avon genommen, das ist nur eine gute halbe Stunde von Birmingham entfernt, und so besuchten wir dort den Shakespeare's Willi und luden uns bei ihm zum Tee ein. Stratford ist ein gar wunderschönes Städtchen, sehr historisch, natürlich nicht zuletzt wegen der Royal Shakespeare Company, wer Näheres sehen will, kann hier gucken.

Auf dem Rückweg nach Birmingham haben wir dann im Bluebell-Restaurant in Henley zu Abend gegessen - Tip von mir: schaut euch mal die Photo Gallery an, und jetzt muss ich einfach noch einmal schwärmen. Ich glaube, das war mit eine der leckersten Mahlzeiten, die ich je zu mir genommen habe - ohne Übertreibung. Als Hauptspeise hatte ich einen Crispy Duck Salad, und der war einfach nur ein Gedicht, unbeschreiblich. Knusprige Entenstücke auf einem Salat, der einfach nur perfekt angemacht war, ich hätte mich reinlegen können. Als Nachspeise gab es einen Raspberry-and-Strawberry-Fool, das sind pürierte Himbeeren und Erdbeeren in einer göttlichen, auf der Zunge zergehenden Creme.... schwer zu beschreiben, muss man probieren. Charly, ich hätte dich an diesem Abend ja sooo gerne dabeigehabt, du wärst genauso begeistert gewesen wie ich, ich weiß es.
Und der Nächste, der mir etwas von dem ungenießbaren Essen in England erzählt (Franzosen können das natürlich ganz besonders gut), kriegt von mir ganz persönlich eins auf die Mütze :o)))

Laufen war ich auch in Birmingham. Fast jeden Abend, und Werhasi hab ich auch einmal gemacht. Ich habe mir zum Laufen auf der Karte das Nobelviertel herausgepickt, und hoppelte durch wunderbare grüne Straßen, mit protzigen Villen und Parks, und es gab immer viel zu gucken. Ich liebe nämlich auch die typischen englischen Häuser.

Ach ja, Thema Laufen. Mein Marathon-Erlebnis ist ja mittlerweile genau zwei Wochen her, und ich muss sagen, dass ich von Anfang an ziemlich verblüfft darüber war, wie problemlos ich diesen Marathon weggesteckt hab. Ich hatte keinerlei Muskelkater, keine Nachwehen, weder an der Achillessehne noch sonstwo, und das eigentlich gleich ab dem nächsten Tag. Und das find ich ziemlich klasse und freue mich schon sehr auf meinen nächsten Marathon.
Wobei ich durchaus weiß, dass der zweite Marathon der gefährlichste ist - vor allem dann, wenn der erste so gut gelaufen ist. Man hat dann wohl die Tendenz, ihn so ein kleines bißchen auf die leichte Schulter zu nehmen, so auf die Art, "och, ich kenn und kann das ja jetzt, macht mal Platz, hier kommt Hase", und dann vielleicht jämmerlich einzugehen dabei. Bei Charly war es so bei seinem zweiten. Insofern bin ich vorgewarnt und werde auch den zweiten Marathon mit dem nötigen Respekt angehen, den man vor diesen 42 Kilometern nun einmal einfach haben muss, und dieses Einbrechen somit hoffentlich vermeiden.

So, und nun werde ich versuchen, trotz der Hitze ein längeres Läufchen zu machen, ich wünsche euch noch einen schönen Sonntag !

Sonntag, 15. April 2007

Mein erster Marathon.

Aua.
Ich wußte nicht, daß Füße so sehr wehtun können.
Ich wußte auch nicht, was Cola für ein geniales Getränk ist.
Aber es gibt noch so sehr viele mehr Sachen, die ich nicht wußte, deswegen von vorne.

Samstag, 14.04.2007, 19.30 Uhr.
Charly und ich haben unsere Startnummern bereits abgeholt und begeben uns zu der abendlichen Pasta-Party – auf französisch „pastaa partiiie“. Wir betreten den Saal und sind erstaunt – wir sehen eine festlich gedeckte Tafel mit weißer Tischdecke und fein gefalteten Servietten in unterschiedlichen Farben, dazu Brotkörbe auf den Tischen, ach so, wir sind in Frankreich, und gegessen wird hier immer mit Stil, sogar bei einer ländlichen Prä-Marathon-Pastaa-Partiiie. Wir sitzen am Tisch mit lauter Profi-Läufern (dasfür halten sie sich zumindest) und genießen zunächst einmal die Vorspeise – ja, bei einer französischen Pastaa-Partiiie gibt es zu dem Riesenberg Nudeln auch eine Vorspeise, einen Käsegang und ein Dessert. Alles sehr lecker! Weniger erfreulich ist das Geschwätz unserer Tischnachbarn. Ich bin immer noch einigermaßen ruhig und möchte das eigentlich auch ganz gerne bleiben, aber das ist schwierig angesichts der vielen Dinge, die ich mir anhören muß. Es geht von „morgen gibt es übrigens 30° im Schatten“ bis „das Profil der Strecke ist extrem schwierig, sehr sehr SEHR hügelig“. Ich werde immer kleinlauter und Charly fragt mich, was los ist. Ich sage ihm, daß ich ihn an diesem Abend sehr darum beneide, daß er das besserwisserische Geschwätz um uns herum nicht versteht. Er beruhigt mich und sagt mir, daß das vor einem Marathon ganz normal ist und dazugehört, und lacht einfach darüber. Leider schaffe ich das nicht ganz so gut wie er.
Erstaunlicherweise schlafe ich trotzdem gut in dieser Nacht.

Sonntag, 15.04.2007.
Am nächsten Morgen schauen wir aus dem Fenster und stellen fest, daß Nebel ist. Richtig dichter, dicker Nebel. Dazu ist es fast windstill und hat 11°, als wir uns zum Marathonstart begeben (natürlich erst nach einem ausführlichen Croissant-und-Baguette-Frühstück, und nach einer noch sehr viel ausführlicheren Mit-Vaseline-und-Sonnenmilch-eincrem-Partiiie, ersteres gegen den bösen Wolf und zweiteres gegen den bösen Sonnebrand). Wir frösteln in unseren ärmellosen Oberteilen und kurzen Tights, und sind demzufolge wohl genau richtig angezogen.
Während die Franzosen sich natürlich wie wild schon eine halbe Stunde vor Start warmlaufen, setzen wir uns an den Bordstein und frösteln vor uns hin. Mann, ich muß gleich 42 Kilometer laufen, ich weiß sowieso nicht, wer diese blöde Idee hatte, da wird ich doch nicht auf die Schnapsidee kommen, mich vorher noch warmzulaufen ! Ich kuschele mich in Charlys Arme, und meine Gedanken fahren Karussell. Mann, Hase, das schaffst du doch nicht. Marathon. Das sind 42 Kilometer. Ich hab Angst. Aber ich darf mich nicht allzusehr in diese trüben Gedanken verlieren, denn wenig später ertönt schon der Startschuß und wir laufen los. Das Gedränge am Start hält sich in Grenzen, denn es gibt nur 160 Teilnehmer, und so laufen wir schon ca. 4 Sekunden nach Startschuß über die Startlinie, obwohl wir ganz hinten standen.
Es geht los.
Au weia.
Wir bleiben hinten – wir sind fast die letzten. Zwei Damen laufen noch hinter uns, aber alle restlichen 156 Marathonläufer laufen vor uns. Ist mir egal, wenn ich Letzte werde. Ich laufe in meinem Rhythmus. Ich will ihn nur schaffen, diesen Marathon.
Charly lächelt mich an, und ich schwanke zwischen Euphorie – ich laufe Marathon !! – und Panik – ich laufe Marathon !!
Von Kilometer 2 bis Kilometer 5 geht es ständig bergauf, das wußten wir, wir hatten das Profil schon vorher gesehen, und irgendwie hatte ich mich auf eine richtige „Wand“ gefaßt gemacht, aber dem war nicht so, es war einfach nur eine schöne, angenehme, moderate Steigung. Geht doch. Es läuft gut. Ich schaffe das.
Und dann krieg ich eine Krise. Auf einmal und völlig aus heiterem Himmel – nach Kilometerschild 5. Charly merkt, daß mich etwas beschäftigt, und fragt mich, ob es mir gut geht. Und ich motze los. „Nein. Mir geht es nicht gut. Wer hatte überhaupt diese blöde Idee mit dem Marathon ? Das schaffe ich doch NIE !! Schau mal, jetzt haben wir gerade mal 5 Kilometer hinter uns, und noch 37 vor uns ! Das ist doch Irrsinn ! Was mach ich hier ? Marathon, Mann ! Das ist doch nur blöd !“ Der arme Charly ist erstmal sprachlos. Mit so einer Tirade hat er wohl allerfrühestens ab Kilometer 28 gerechnet, aber ganz sicher nicht ab Kilometer 5. Mir geht es dann aber auch schon wieder besser, nachdem ich das rauslassen durfte, und jetzt können wir einfach laufen.
Wir laufen immer noch am Schwanz der Truppe, aber alle Kilometer schön gleichmäßig in einem Schnitt von 6:15 bis 6:25. Es ist ok.
Was mich tierisch nervt: ich muß ständig austreten. Es ist unglaublich. Klar, ich hatte ordentlich getrunken, aber das mache ich bei Halbmarathons auch immer, und ich mußte noch bei keinem einzigen HM auch nur einmal austreten. Bei diesem Marathon geht es bei Kilometer 6 schon los, und dann reißt es nicht ab, alle paar Kilometer verabschiede ich mich zur Pipipause in die Büsche.
Meine nächste Krise kriege ich bei Kilometer 17. Ich komme mal wieder von meiner Pipipause zurück, hole Cahrly wieder ein, und pflaume ihn gleich mal an, „Ich lauf dir doch zu langsam, oder ? Du willst doch schneller laufen. Ist doch klar, daß dieses Gekrieche zu langweilig für dich ist.“ Charly macht das einzig Richtige und bremst mich sofort in meiner Motztirade – „nein, Hase, lass stecken. Ich will so einen Blödsinn jetzt echt nicht hören. Lauf einfach.“ Charly weiß schon, wie er mit mir reden muß, wenn ich zu spinnen anfange :)
Bei den Verpflegungsständen ist es nett. Dadurch, daß die „Masse“ an Läufern schon durch ist, wenn wir kommen, nimmt sich das Verpflegungsteam richtig schön Zeit für uns. Wir unterhalten uns, trinken Wasser, essen Bananen, Kuchen, getrocknete Aprikosen, diese netten Menschen reichen uns alles, was unser Herz begehrt, und ich mache die Entdeckung, was für ein geniales Getränk Cola ist. Ja Wahnsinn. Erstens schmeckt es einfach nur unglaublich gut, und zweitens läuft es gleich wieder viel besser, wenn man so einen Becher Cola getrunken hat ! Cola ist jetzt mein Lieblingsgetränk – aber nur beim Marathon :)
Irgendwann passieren wir die 20-km-Marke, und ich denke daran, wie es mir hier beim Halbmarathon immer geht. Beim Halbmarathon hab ich es jetzt schon lange satt, und ich sehne nur noch das Ende herbei, und der letzte Kilometer zieht sich dann aber immer noch ewig hin. Aber jetzt laufe ich Marathon, und ich habe noch nicht einmal ganz die Hälfte, und ich weiß, daß ich solche Gedanken jetzt nicht denken darf. Das wäre tödlich. Also denke ich sie nicht, und laufe weiter. Jetzt isses ja nur nochmal ein Halbmarathon, das kenne ich doch, kein Problem. Man läuft so einen Marathon wirklich zu einem großen Teil im Kopf !
Jetzt möchte ich aber noch ein Wort zu der Landschaft verlieren. Die Strecke ist wunderschön. Zuschauer sind rar gesät, nur in den paar Dörfern, durch die wir laufen, gibt es ein paar, Kühe gibt es viel mehr als Zuschauer (huhu, Anja :) , aber die Strecke ist ein einziger Traum. Wir laufen mitten durch die wunderschönste Burgunder Natur. Alles ist grün, alles blüht, die Vögel zwitschern, und das Wetter könnte perfekter gar nicht sein. Der Nebel bleibt uns bis nach elf Uhr erhalten, es ist die angenehmste Lauftempetatur, die man sich vorstellen kann, und als dann die Sonne durchkommt, wird es trotzdem nicht wirklich heiß, sondern einfach nur angenehm warm, maximal 23°.
Und so laufen wir unabdinglich auf die 30-km-Marke zu. Und darüber. Meine Füße sind jetzt müde, aber ich laufe einfach weiter. Nach Kilometer 32 wird mir klar, und ich sage es auch zu Charly, daß das jetzt völliges Neuland für mich ist. Ich bin noch nie mehr als 32 Kilometer gelaufen. Ich merke, daß ich – ganz ungewollt – warte. Auf den Hammermann. Auf den Wolf. Auf die Mauer. Anja hat gesagt, der Hammermann und der Wolf werden nicht kommen, und ich hoffe, daß sie recht hat, aber trotzdem warte ich. Schließlich sind wir jetzt schon fast bei Kilometer 35 ! Da muß doch wenigstens ein klitzekleines Hammermännchen kommen ?! Nein, tut es nicht. Ich stelle fest, daß mir zwar die Füße wehtun, aber sonst gar nix, und daß es mir jetzt besser geht als bei Kilometer 5. Charly fragt mich immer wieder, wie es mir geht, und ich sage zögerlich, „gut...“, aber nur zögerlich, weil ich dem Frieden nicht so recht trauen mag. Das kann doch nicht sein ? Bei meinen 30-Kilometer-Läufen war ich nach 30 km am Ende, fertig, aus, nix ging mehr, kein Meter ! Und jetzt nähere ich mich der 36-km-Marke, und ich laufe vor mich hin, als wäre nichts ? Hm, anscheinend. Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, daß wir inzwischen ganz hurtig am Überholen sind. Wir ziehen an einigen Läufern vorbei, die können einfach nicht mehr schneller, aber bei mir geht noch was. Als wir das 36-km-Schild passieren, wird mir zum ersten Mal richtig klar, daß es mir gut geht und daß ich hin wohl tatsächlich schaffen kann, diesen Marathon. Das gibt mir einen ganz ungeheuren Schub. Ich laufe schneller, aber ich merke es nicht. Ich merke es erst, als Charly mir bei Kilometer 37 sagt, daß ich diesen Kilometer jetzt in 6:15 gelaufen bin. Was ? Wie jetzt ? So schnell ? Gibt’s nicht. Ich hab damit gerechnet, daß ich diese letzten Kilometer in einem 8-er Schnitt laufen würde. Jetzt geht die Euphorie mit mir durch, der nächste Kilometer wird in 6:10 gelaufen, und dabei wird weiter überholt. Ja mei, ist das genial, Marathon zu laufen. Km 38 laufe ich in 6:06. Charly läßt mich jetzt, er bremst mich nicht mehr, er sagt, jetzt sind es nur nur noch drei, da kann nichts mehr schiefgehen, dir geht’s gut, lass es laufen wie du willst. Und so laufe ich Kilometer 39 in 6:01, und Kilometer 40 in unglaublichen 5:51. Unter sechs Minuten !!
Bei Kilometer 40 muß ich zum erstenmal richtig arg schlucken und kämpfe mit den Tränen. Wow. Wahnsinn. Ich werde diesen Marathon finishen, ich überhole weiter, und ich werde mein Ziel, unter 5 Stunden zu bleiben, wohl auch erreichen ! Lustigerweise denke ich jetzt zum erstenmal seit Fallen des Startschusses an jemanden, der mir in den letzten Wochen ganz schön viele (unnötige) Sorgen gemacht hat – an meine Achillessehne. Nein, ich habe sie überhaupt nicht gespürt, kein bißchen, nicht die Spur, und werde sie jetzt wohl auch nicht mehr spüren. Ich muß über mich selber grinsen. Ich laufe Kilometer 41 wieder in 5:51 und werde jetzt von meinen Emotionen total übermannt. Ich muß mir selber sagen, Hase, im Ziel darfst du heulen soviel du willst, jetzt laufe bitte einfach diese 1200 Meter irgendwie noch durch. Charly schaut mich zu diesem Zeitpunkt schon ganz entrückt an und sagt, daß er sehr stolz auf mich ist. Bei Kilometer 42 verkündet er mir wieder meinen Schnitt: 5:47 sind es diesmal. Das ist doch nicht zu fassen ! Ich laufe jetzt vor ihm, es sind nur noch 200 Meter, und ich heule jetzt schon los, kämpfe aber trotzdem noch mit den Tränen, ich will erst im Ziel heulen, ich muß dazu aber ganz gewaltig schlucken. Ich sehe das Ziel, ich höre noch, wie Charly zu mir sagt, jetzt mach doch mal langsam Hase, den Zieleinlauf mußt du genießen, nicht durchbreezen ! Ich laufe über die Ziellinie, die netten Zuschauer applaudieren wie wild, ich bin drin im Ziel, Charly auch, gleich hinter mir ist er, und ich drehe mich um, falle ihm einfach nur um den Hals und heule Rotz und Wasser. Ich bin sowas von überwältigt, ich kann einfach nur an Charlys Hals hängen und heulen.
Ich bin gerade einen Marathon durchgelaufen !
Charly hält mich ganz fest und läßt mich sein neues Laufshirt mit Rotz, Tränen und Wimperntusche vollschmieren.... im Hintergrund und wie in Trance höre ich die Stimme des Sprechers durchs Mikrophon. „Sehen Sie sich das an... das sind Kerstin und Charly.... ist das nicht ein wunderschönes Bild. Kerstin, ist das Ihr erster Marathon ?“ Ich nicke nur schniefend, und er spricht weiter, „Es ist ihr erster Marathon. Sehen Sie sich diese Emotionen an, meine Damen und Herren, hach, muß Liebe schön sein. So ein schönes Bild....“

Ich bin heute tatsächlich meinen ersten Marathon gelaufen. Ohne Hammermann. Ohne Wolf. Ohne Hitze. Ohne Mauer.
Aber dafür mit meinem geliebten Charly an meiner Seite.
In 4 Stunden und 42 Minuten.
Ich muß schon wieder losheulen.
Und mir tun die Füße weh :)

Freitag, 13. April 2007

Achtung: Hase ist heute sehr sensibel.

Ich möchte diesen Eintrag heute einfach nur dazu nutzen, euch ans Herz zu legen, den neuesten Eintrag in Anjas Blog (Anjas Gedankenwelt - Link siehe rechts) zu lesen.

Ich bin gerade völlig nichtsahnend daraufgestoßen und habe seitdem einen dicken Knoten der Rührung im Bauch und mußte ein paarmal so richtig heftig schlucken.

Und ich bin wieder einmal mehr begeistert von den großen weiten Welt des Internets. Ohne das Internet würde ich Anja, und viele viele andere von euch, gar nicht kennen. Charly auch nicht.
Wer weiß, ob ich am Sonntag meinen ersten Marathon laufen würde, gäbe es das Internet nicht.
Falls es so wäre, würden auf jeden Fall sehr viel weniger liebe Menschen an mich denken - ohne Internet.
Ich bin so froh, daß ich euch alle habe.
Ich nehm euch alle mit am Sonntag.
Dann kann nichts mehr schiefgehen.

Anja, du hast mir eine ganz riesengroße Freude gemacht !

Ich drück euch alle mal ganz lieb.

Hase - schon wieder am Schlucken.
(Was soll das nur erst werden beim Zieleinlauf, falls ich es denn bis dahin schaffe ??!)

P.S. Ach ja, übrigens, ganz ehrlich und ganz unter uns: mittlerweile bin ich schon so ein ganz kleines bißchen aufgeregt ;o)

Donnerstag, 12. April 2007

Nein, ich bin NICHT aufgeregt.

Tschakka - Scarlett O'Hasi is back to pink !!
Widerspruch zwecklos :)))

Noch drei Tage. Laufen darf ich nicht mehr viel, also hab ich jetzt wunderbar Zeit für alle möglichen wirren und zweiflerischen Gedankengänge. Klar, oder ?
(Nein, Uli, ich bin NICHT aufgeregt, verdammt nochmal !! *lol*)

Gestern abend sind Charly und ich in unser Lieblingsdorf Flée gefahren und dort eine wunderschöne 8-km-Runde gelaufen - denn wenn ich schon nicht mehr viel laufen darf jetzt, sollen es wenigstens richtig schöne Strecken sein, nicht wahr ?

Muß ich erwähnen, daß es extrem zäh lief ? Daß meine Beine sich nach drei (!!) Kilometern anfühlten wie Kaugummi und ich das Gefühl hatte, nichts geht mehr ? Macht ja nix, Marathon sind ja nur knapp 40 Kilometer zusätzlich. Natürlich hab ich dann Charly gleich mal angekündigt, daß wir den Marathon absagen. Sein Kommentar dazu war nur, "ja ja, Hase, scho recht".
Schön, daß mein Herzhasenmann mich so ernst nimmt ;o)

Was mir aber schon so ein bißchen Sorgen macht, ist diese Wärme, die jetzt auf einmal über uns hereingebrochen ist. Gestern abend um sechs hatte es immerhin noch 25°. Und es soll ja noch wärmer werden. Das merke ich schon, daß ich das einfach noch nicht gewohnt bin, und das war es auch, was mich gestern abend so geschlaucht hat.
Aber - positiv denken. Dafür wird es ganz bestimmt windstill sein am Sonntag.

Ansonsten hab ich auch jede Menge Zeit, mir zu überlegen, ob ich die ganzen Tips, die sie in den schlauen Marathonvorbereitungsbüchern immer von sich geben, wirklich beherzigen muß.
Z.B.: Man soll sich alle empfindlichen Stellen mit Vaseline einschmieren, damit man sich keinen schmerzhaften Wolf läuft. Nun, ich hab mich noch nie im Leben mit Vaseline eingeschmiert, hab schon einige über-drei-Stunden-Läufe absolviert (maximal 32 Kilometer) und mir noch nie auch nur den Hauch eines Wolfs gelaufen. Kommt der Wolf dann wirklich prompt und ohne Vorwarnung ab Kilometer 33 ? Wird er mich in die Knie zwingen ? Werde ich ihn mit Vaseline besiegen können, und den inneren Schweinehund und den Mann mit dem Hammer gleich dazu ?
Fragen über Fragen. Am Sonntag gegen 14 Uhr werde ich die Antworten kennen.

Nein, ich bin NICHT aufgeregt !! :o)

Sonntag, 8. April 2007

Neue Semur-Fotos

Wir hatten keine Ahnung, wieviele Kilometer es werden würden, als wir heute losgelaufen sind. Einfach nach Gefühl und Lust und Laune wollten wir das handhaben.
Wir sind mit dem Auto zu meiner neuerkorenen Lieblingslaufstrecke gefahren, zu der Abbaye de Fontenay. Ich hab mich schon seit Wochen darauf gefreut, dieses schöne Fleckchen Erde Charly zu zeigen. Heute war es dann endlich soweit, und dazu noch dieses Traumwetter - Sonne ohne Ende und 18°, perfekt zum Laufen. Wir parkten ca. 3 km von der Abtei weg und liefen den schönen Naturpfad entlang, der zu der Abtei führt - er ist schwierig zu beschreiben, eigentlich wollte ich heute einmal meinen Fotoapparat mitnehmen, um es festzuhalten, habe ihn dann aber doch wieder vergessen (sorry, Anja) - es ist ein schmaler Pfad am Waldrand, links von uns der Wald mit den prächtigsten Bäumen, rechts von uns eine Wiese, durch die sich ein verträumter Bach schlängelt, und links und rechts von unserem Pfad die buntesten Blumen, Veilchen und noch andere, ich weiß nicht, welche es sind, ich kenne mich mit Grünzeug nicht so aus, aber sie duften so gut. Charly war auch begeistert, und so näherten wir uns der Abtei, und als dann der Parkplatz der Abtei in Sicht kam, traf uns fast der Schlag. Was war denn hier los ? Besichtigt heute die ganze Welt die Abbaye de Fontenay ? Automassen ohne Ende, aus aller Herren Länder: aus allen Ecken Frankreichs, aus Italien, aus Belgien, aus Deutschland, aus der Schweiz, aus den Niederlanden, aus Großbritannien, und sogar drei Autos aus San Marino, dem kleinsten Staat der Welt. Bietet sich ja auch an, an Ostern eine Abtei zu besichtigen. Wir liefen an der Abtei vorbei in den anliegenden Wald, und kaum waren wir ein paar hundert Meter von der Abtei weg, hatten wir den ganzen Wald schon wieder für uns, allzu sehr war der Bewegungsdrang der Touristen wohl nicht ausgeprägt, wir trafen auf keine Menschenseele mehr. Und so liefen wir durch den friedlichen Wald, außer unseren Schritten und dem Vogelgesang war nichts zu hören, es ging bergauf und bergab und lief einfach nur gut, und wir haben uns nicht verlaufen.
Es wurden dann insgesamt 15 Kilometer heute, und Charly gab mir zu verstehen, daß ich auf die letzten Kilometer noch eine nette Endbeschleunigung hingelegt hatte, den letzten Kilometer sind wir in 5:55 gelaufen.
Na, wenn das kein gutes Zeichen für den Marathon ist ?!
Wenn alles gutgeht, bin ich heute in einer Woche schon eine erschöpfte, aber hoffentlich glückliche Marathoni.......
Mir geht es gut, nichts zwickt, nichts tut weh *dreimal auf Holz klopfen*, morgen gehen wir wieder laufen, und dann wieder am Mittwoch, da schon sehr viel kürzer, und dann zum letzten Mal am Freitag, noch einmal sehr viel kürzer, und dann....!!
Um neun Uhr morgens geht es los nächsten Sonntag, ihr werdet doch an mich denken, sofern ihr denn schon wach seid - ? *trippelhasi*
Wir haben heute auch kurzerhand ein Hotelzimmer in Gueugnon für die Nacht vorm Marathon reserviert. Von Semur bis Gueugnon sind es über 150 Kilometer zu fahren, und bei einem Start um neun Uhr ist mir das am Morgen selbst eindeutig zu stressig.

Und jetzt bekommt ihr zum Abschluß noch ein paar neue Fotos von Semur zu sehen, die ich gestern bei unserem Abendspaziergang geschossen habe.





Freitag, 6. April 2007

Hibbelige Vorfreude

Es ist offiziell Frühling !
Ach, war das heute ein schöner Lauf. Im T-Shirt, abends um halb acht, es war noch hell, die Sonne schien, und ich kam sogar ins Schwitzen. Außerdem hab ich ja fast schon vergessen, wie sehr ich meine Semurer Hausrunde liebe. Vor lauter Neue-Strecken-Erkunden habe ich sie in den letzten Wochen doch stark vernachlässigt, und so war es heute mal wieder etwas ganz Besonderes, unten am Flüßchen Armançon entlangzulaufen und den schönen Blick in sämtliche Richtungen zu genießen.



Und ich sage es euch ganz ehrlich: manchmal überkommt mich immer noch so ein unsinniger Hypochondrie-Anfall, und dann tut es einfach nur gut, loszulaufen und zu spüren, daß alles gut ist und nichts wehtut :o)
Auf den Lauf am Sonntag freue ich mich auch schon. Da werde ich Charly endlich die wunderschöne Gegend um die Abbaye de Fontenay zeigen. Ja, und danach heißt es dann wirklich extrem zurückschalten. Sehr viel weniger laufen. Das wird hart. Aber das ist nötig - denn in einer guten Woche ist er schon, der Marathon *au weia*.
Nein, nix au weia, ich freu mich drauf, sogar sehr.
Jetzt gerade freue ich mich aber erstmal nur auf eins: daß Charly in meine Arme fliegt. Er ist gerade unterwegs zu mir, das wird aber wirklich höchste Zeit, wir haben uns ja mindestens drei Jahre nicht mehr gesehen ;o). Bis zum Dienstag nach dem Marathon bleibt er hier. Und er wird die schwere Aufgabe haben, mich nächste Woche bremsen zu müssen, wenn ich zuviel laufen will. Viel Spaß dabei, Charly ;o)

Dienstag, 3. April 2007

Der Kopf. Der Kopf !!

Ich freu mich. Mir geht's gut :o)
Ich sag's euch ehrlich, meine Achillessehnen-Paranoia - und es war wirklich nur eine reine Paranoia - war ganz schön schlimm am Sonntag. Mein Kopf hat versucht, mir einzureden, daß sie nach diesem letzten langen Lauf bestimmt wieder aufmucken wird, daß sie mir wieder einen Strich durch die Rechnung machen wird, daß dann der Marathon wieder ins Wasser fällt, obwohl ich mich doch so darauf freue, und jetzt hab ich es doch schon überall angekündigt, und was mach ich denn dann bloß wieder, dann verfalle ich wieder in den absoluten Trübsinn, Hilfe, nein, ich will nicht.....
...... aber wie gesagt, das war nur der Kopf.
Und der hatte nicht recht!
Jetzt war ich heute wieder laufen, nur ganz langsame 5 Kilometer, aber die waren so wichtig, weil es mir einfach nur gutging dabei. Achillessehne ist total brav.
Alles ist gut!
Ich werde ihn wirklich laufen, diesen Marathon!
Und meine Achillessehne will ihn mit mir laufen! Sie ist nicht gegen mich!
Wenn ich jetzt noch ein bißchen tiefer in mich hineinhöre, muß ich mich doch ehrlich fragen, was das eigentlich sollte? Sitzt da irgendwo noch ein kleines Teufelchen auf meiner Schulter, das nach einem Vorwand sucht, damit ich ihn doch nicht laufen muß, diesen Marathon? Denn wenn ich hin erst gar nicht angehe, dann kann ich auch nicht scheitern? Ist es das?
Denn die Möglichkeit des Scheiterns besteht nun einmal auch. Aber damit kann ich leben.
Wie auch immer, wir freuen uns jetzt alle sehr auf meinen ersten Marathon. Charly, meine Achillessehne und ich. Und nein, ich bin (noch) nicht aufgeregt. Gar nicht.
Oder vielleicht doch schon so ein kleines bißchen?
Zwickt es da nicht gerade irgendwo in der Hüfte - ? ;o)