Im Englischen gibt es so ein nettes Sprichwort, das besagt, "you can't have your cake and eat it, too", was im übertragenen Sinne soviel heisst wie, "du kannst nicht alles auf einmal haben" oder auch "du kannst nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen". Auch im Französischen gibt es dieses Sprichwort, dort heisst es "tu ne peux pas avoir le beurre et l'argent du beurre", wörtlich übersetzt: "Du kannst nicht gleichzeitig die Butter behalten und das Geld dafür einheimsen".
Hmm, und ich habe heute festgestellt, das eben genau das manchmal doch geht. (Natürlich will ich keine Butter, ich bin ja vegan , aber ihr versteht mich schon!)
Also, von vorne: die ganze Woche war schon klar, dass Charly heute in Bad Waldsee mit Werner den Marathon laufen würde, und Werners Bruder Richard würde auch mitkommen und den Halbmarathon laufen... nur der Hase war mal wieder unschlüssig. Ich schwankte zwischen dem Zehn-Kilometer-Lauf und dem Halbmarathon und konnte mich einfach nicht entscheiden. Eigentlich fühlte ich mich endlich einmal fit und reif dafür, einen echten Zehner zu laufen, um einfach mal zu sehen, was geht..... und gleichzeitig zog es mich mit dem Herzen doch viel mehr zum Halbmarathon hin, weil ich halt einfach lieber die etwas längeren Strecken mag und mir die kürzeren Hechel-Stress-Strecken irgendwie zuwider sind.... gleichzeitig wollte ich aber doch endlich mal wissen, was auf zehn Kilometer geht bei mir.... so schwankte ich permanent hin und her, hach, ich bin nun einmal Fisch mit Zwillings-Aszendent, und die tun sich schon oft sehr schwer mit solchen Entscheidungen!
Wir fuhren dann heute zu viert nach Bad Waldsee, gemeinsam mit den oben bereits erwähnten Heumann-Brothers (danke noch einmal, Richard, fürs Chauffieren!), und noch beim Ausfüllen des Nachmelde-Formulars schwankte ich - kruzifix, soll ich nu die 10 km oder den HM ankreuzen?
Es wurde dann der Halbmarathon.
Nicht wirklich eine Überraschung, oder? Man soll eben seinem Herzen folgen, und heute habe ich wieder einmal so GUT daran getan.
Soll ich noch ein Wort zum Wetter verlieren? Es war kalt, es war ekelhaft kalt, es hatte zwischen 4° und 5° (plus!, na immerhin). Das ist wirklich unerhört für Mai - aber zum Laufen ist es ideal, das kann man nicht wegdiskutieren.
So startete ich also beim Halbmarathon, und nachdem es auf dem ersten Kilometer ein elendes Gedrängel auf den viel zu engen Wegen gab, lichtete sich das Feld dann doch recht schnell und ich konnte mein eigenes Tempo laufen.
Die Paces für meine ersten Kilometer waren wie folgt: 5:12 (=Minuten pro Kilometer), 4:51, 5:06, 5:09... ja, wer mich kennt, weiss, dass das für meine Verhältnisse viel zu schnell ist, vor allem für die Halbmarathonstrecke, und so reifte nach Kilometer 4 ein Plan in mir. Eine Idee, wie ich eben doch auf zwei Hochzeiten tanzen könnte, oder wie ich den Kuchen behalten könnte und ihn auch aufessen. Ich würde einfach alles geben und die ersten zehn Kilometer richtig schnell laufen. Als wäre es ein Zehner und kein Halbmarathon. Ich würde versuchen, endlich einmal eine offiziell abgemessene Zehner-Zeit zu laufen. Und dann würde ich die restlichen 11 Kilometer bis zum Ziel halt einfach gemütlich auslaufen. Verrückte Idee. Ist es. Weiss ich doch. Völlig irr. Aber sie gefiel mir - so käme ich endlich hoffentlich einmal zu einer ordentlichen Zehner-Zeit, und könnte doch gleichzeitig aber trotzdem Halbmarathon laufen! Das ist doch genial, im Grunde genommen!
Und so gab ich auf die nächsten kilometer weiterhin alles - Paces von Kilometer fünf bis zehn: 5:16, 5:18, 5:08, 5:08, 5:06, 4:58.
So. Nu war ich zwar an der berühmten Kotzgrenze, aber ich hatte sie endlich, meine eigene persönliche 10-Kilometer-Bestzeit - in 51 Minuten und 19 Sekunden.
Ich hab mich wie Bolle gefreut, ich war total glücklich. Pfeif auf die restlichen 11 Kilometer, die läufst du jetzt ganz gemütlich, dachte ich mir. Ich musste jetzt auch erstmal ordentlich auskeuchen. Und so lief ich den 11. Kilometer in 5:39, was mir im Vergleich zum Kilometer davor total entspannend vorkam - was aber für meine Verhältnisse immer noch ziemlich schnell ist, im Training laufe ich nämlich äusserst selten unter 6 Minuten! Und was soll ich sagen.... kaum hatte ich die Zehner-Bestzeit sicher in der Tasche und konnte auch wieder einigermassen normal atmen, ohne dass sich meine Mitläufer wegen meiner Keucherei ernsthafte Sorgen um die Gesundheit meiner Lungenflügel machen mussten, sass prompt schon wieder dieses hinterlistige kleine Teufelchen auf meiner Schulter und flüsterte mir ins Ohr, och komm, Hase, jetzt gemütlich laufen wär doch auch irgendwie langweilig und doof, oder? Jetzt schau doch mal weiter, was geht, die Hälfte hast du ja schliesslich schon, und du lebst noch! Unter zwei Stunden sollten doch das Allermindeste sein, was da heute noch drin ist? Komm, streng dich an und gib weiter Gummi!
Ja, und so hörte ich auf das elende Vieh und machte das dann mal so. Wo die Strecke doch so schön flach war und die Temperatur zum Laufen so ideal (wenn sie auch sonst zu nicht viel taugt).
Hier also die weiteren Paces, von Kilometern 12 bis 16: 5:24, 5:20, 5:20, 5:22, 5:31 (puh, langsam wurde dieses Spielchen saumässig anstrengend, worauf hab ich mich da bloss wieder eingelassen??). Jetzt fing es an, richtig weh zu tun. Aber dass das kein Spaziergang würde, hab ich ja gewusst, also beissen. Eine weitere fiese Sache war, dass ich extrem dünne Schühchen anhatte, die nicht mehr viel Sohle aufweisen konnten, teilweise ist die Sohle echt schon dünn wie Papier, und ab Kilometer 16 kam Schotterweg, von dem ich wirklich jedes einzelne Steinchen durch meine Papiersohlen genauestens spürte - meine Fussohlen fingen an zu brennen wie Feuer. War unangenehm. Aber jetzt sinds ja nur noch fünf Kilometer, sagte ich mir, und schwächeln gilt jetzt echt nicht mehr. Also weiter: Paces von Kilometer 17 bis 20: 5:29, 5:28, 5:27, 5:25. Natürlich hatte ich mittlerweile auch ein bisschen gerechnet. Und natürlich reichten meine Rechenkünste immerhin soweit, dass mir langsam aber sicher klar wurde, dass das tatsächlich eine neue Halbmarathon-Bestzeit werden könnte - zu meiner Zehner-Bestzeit noch obendrauf!! Das gab mir nochmal den nötigen Elan (boah, war ich am Ende mittlerweile, echt mal jetzt!!) für den letzten Kilometer, den ich mühsam auch noch in 5:27 herunterriss, und ich keuchte ins Ziel - und habe jetzt eine neue Halbmarathonbestzeit und bin darüber ganz irre vor Freude.
1:51:51.
Und das ohne spezifisches Tempotraining - ich freu mich sooooo weg.
So who says that you can't have your cake and eat it??
Because you can!!
P.S. Und an dieser Stelle unbedingt auch noch einmal Glückwunsch an Werner und Richard, die heute alle beide auch Bestzeiten gelaufen sind und davon hoffentlich noch in ihren Blogs berichten werden!
Und natürlich ebenfalls Glückwunsch an meinen Charly, der den Marathon heute mal eben ganz locker in 3:52 gelaufen ist, ohne dafür einen einzigen langen Lauf absolviert zu haben ausser dem HM vor zwei Wochen - wie sagte er doch im Ziel so ganz cool, "Training ist echt überflüssig", bitte nicht ernst nehmen.
Dunkle Tage
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Blogsterben: in den 17 Jahren, in denen ich kontinuierlich und sehr gerne
blogge, ...
vor 2 Tagen