Dienstag, 21. Oktober 2008

Da hilft nur noch Galgenhumor

Keine Sorge, ich erspare euch heute die neuesten Aktualisierungen meines gebrechlichen Gestells und sämtlicher Zipperlein, die mich plagen, nein, das wird ja auf Dauer auch langweilig. Wo es doch noch so viele andere nette Katastrophen zu berichten gibt.
Ich habe es hier noch nicht ausdrücklich erwähnt, aber ich ziehe um. Diese Woche noch, am Wochenende ist es soweit. Vielleicht erinnert ihr euch, ich habe bereits im Juli meinem Unmut über meine derzeitige unmögliche Wohnsituation Luft gelassen und war seitdem auf der Suche nach einem anderen schönen Hasenstall, ebenfalls in Gröhlmar Colmar, in einer ruhigeren Gegend. Und wir sind fündig geworden, eine schöne Wohnung in einem ganz neuen Wohnhaus, nagelneu gebaut, sehr hell, mit Parkettboden und riesengroßer Terrasse, einfach nur richtig schön, und keiner gröhlt uns dort ins Fenster rein.
Ein ganz wichtiges Kriterium bei der Wohnungssuche ist für mich immer, dass ich meine Nachbarn nicht hören will. Alles, bloß das nicht. Wenn jemand bei voller Lautstärke auf TF1 (das ist das französische Äquivalent zu RTL) Star Academy sehen will (das ist das französische Äquivalent zu Deutschland sucht den Superstar), dann soll er das tun, aber ich möchte davon bitteschön absolut nichts mitkriegen. Nun, was diesen Punkt betrifft, wurde ich bei der Wohnungsbesichtigung hinlänglich beruhigt - dieses Haus sei nach den allerneuesten und striktesten Normen gebaut worden, was die Isolation angeht, das sei genau so gedacht, dass man seine Nachbarn nicht höre, und ich müsse mir in dieser Hinsicht absolut keine Sorgen machen, hier hätte ich meine Ruhe.
Na gut. Schön. So weit, so gut.
Bei der Schlüsselübergabe vor ca. zwei Wochen waren wir dann ganz euphorisch, weil es das erste Mal war, dass wir die Wohnung im fertigen Zustand sahen, und sie ist wirklich toll geworden. Hell, freundlich, die Terrasse ist sowieso ein Traum, und auch das Parkett ist richtig schön. Doch nach einer Weile werden wir hellhörig. Was ist das? Das sind eindeutig Schritte über uns, und zwar ziemlich laute Schritte. Da geht wohl jemand über uns gerade durchs Wohnzimmer, und wir hören davon jede einzelne Bewegung. Und was ist das jetzt? Jetzt rumpelt es. Laut. Und noch ein Rumpler. Ich habe den Eindruck, mir fällt die Decke auf den Kopf. Ich schaue Charly mit entsetzten Augen an und sage, "Ähm, wie war das noch mit dieser ach so tollen Isolationsnorm??" Das war dann wohl nix. Mein absoluter Alptraum ist wieder einmal wahr geworden - ich kriege jeden einzelnen Schritt meiner Nachbarn mit, ob ich will oder nicht. Und dabei machen die nicht einmal irgendetwas Schlimmes, nein, die leben einfach nur in ihrer Wohnung, was sie ja auch dürfen. Ich hätte mir halt nur so sehr gewünscht, das nicht mit anhören zu müssen. Mein persönlicher Leib- und Magenarchitekt, auf dessen Weisheit ich in letzter Zeit in solchen Fällen sehr oft zurückgreifen muss (danke, Uli!), hat mich dann schnell aufgeklärt, dass es sich hier um den sogenannten "Trittschall" handelt, und dass beim Verlegen der Dämmschicht, die diese Schallübertragung normalerweise verhindert, Fehler passiert sein müssen. Tja, was macht man da? Alle Böden aufreissen und das Haus nochmal bauen? Wohl kaum.
Mich hat diese blöde Trittschallsache einigermaßen runtergezogen und ich war daraufhin richtig down und gar nicht mehr so motiviert, in diese neue Wohnung einzuziehen. Was blöd ist, nachdem die horrenden Maklergebühren bereits bezahlt sind und auch sonst alles in die Wege geleitet ist. Nun ja.
Ein weiterer Nachteil dieser Wohnung war, dass noch keine Küche drin war. Es ist in Frankreich nicht unüblich, dass Wohnungen mit gesamter Kücheneinrichtung vermietet werden, so war das auch in meiner bisherigen Wohnung gewesen, da war alles, was man an Küche braucht, schon drin, inklusive Spülmaschine und Mikrowellenherd (den ich kein einziges Mal benutzt habe). Nun, das hieß also, neue Küche kaufen, aber wozu gibt es denn Ikea in Freiburg. Charly und ich sind mit den Mitarbeitern dort schon per du. Wobei es mir jetzt schon wieder reicht mit Ikea, mir stinken dort einige Strategien ganz gewaltig, und ich habe mir vorgenommen, meine zukünftigen Kleinigkeiten, die ich an Möbeln eventuell noch brauchen werde, lieber individuell zu kaufen.
Aber jetzt soll es ja erst einmal um die Küche gehen. Wir haben uns die Küche liefern lassen, und Charly, mein Held, hat sie mir eingebaut, ganz allein. Es lief auch alles recht problemlos ab, nur beim Einbauen der Wandschränke hatte Charly ganz enorme Zweifel. Vor der Betonwand befindet sich wohl eine Gipsschicht, und die ist butterweich, der Bohrer ging da durch wie nichts, da war null Widerstand. Charly fand das sehr befremdlich, wir haben aber die Hochschränke trotzdem hingehängt, und bevor das Geschirr reinkommt, wollte Charly noch zusätzliche Winkel oben anbringen und eventuell auch andere Dübel verwenden, da ihm das Ganze alles andere als geheuer war.
Nun gut, ich mache es kurz: gestern abend, ich pilgere mit allen möglichen Putzutensilien in die neue Wohnung, um ein bisschen sauberzumachen, erwartet mich eine böse Überraschung - ihr könnt es euch jetzt vielleicht schon denken - die beiden Hochschränke liegen am Boden.
Peng. Runtergekracht. Kaputt. Im Eimer. Neue Küche. Kaputt. Nix gut.
Gestern abend war ich restlos fertig mit mir und der Welt, ich erspare euch die Details, aber heute sehe ich das Ganze mit einer gehörigen Portion Galgenhumor und erwarte ungeduldig die nächste Katastrophe. Was kommt jetzt? Vielleicht ein Wasserrohrbruch, der die ganze Wohnung unter Wasser setzt, das wäre doch mal eine nette Abwechslung, aber bitte erst dann, wenn alle Möbel schon drinstehen?
Andere Vorschläge? Ich bin offen für alles!

... to be continued.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Update

Ich habe ja nun eine gut dreiwöchige Laufpause hinter mir. Sie ist mir sehr schwergefallen, da ich den Herbst mit seinem bunten Laub und dem ganz besonderen Duft, der sich in dieser Jahreszeit im Wald verbreitet, absolut liebe, aber sie war nun einmal nötig, die Laufpause, so dachte ich.
Und was hat sie mir gebracht? Rein gar nichts, ganz im Gegenteil. Meine Schmerzen sind noch schlimmer geworden. Ich laufe maximal fünf Kilometer, mehr geht gar nicht, und ich habe danach Muskelschmerzen in den Waden, wie ich sie noch nie erlebt habe, eigentlich schmerzt fast alles, und was den Rücken betrifft, habe ich keinerlei Besserung zu melden. Es ist genauso schlimm wie eh und je, und langsam macht sich eine wirklich tiefe Verzweiflung bei mir breit. Ich keuche und ächze mich durch diese läppischen fünf Kilometer, sie fallen mir schwerer als 25 Kilometer vor einem halben Jahr, und ich frage mich ernsthaft: war das wirklich ich, die noch in diesem Frühjahr einen Halbmarathon in 1:53 gelaufen ist, und einen Marathon in 4:04? Gibt es doch gar nicht. Wie soll ich das denn geschafft haben? Es ist mir ein Rätsel.
Was ist nur los? Was? Muss ich die Laufschuhe jetzt für immer an den Nagel hängen? Wenn es doch immer nur schlimmer und schlimmer wird, anstatt besser? Das kann es doch nicht sein! Ich liebe das Laufen, es fehlt mir so sehr! Und wenn ich mir noch 10 tolle Fahrräder kaufe, so ändert das doch absolut gar nichts daran, dass ich das Laufen auf schmerzlichste Art und Weise vermisse!
Was ich nun machen werde: ich gehe noch einmal zu meinem ach so renommierten Orthopäden/ Osteopathen und lasse mir von ihm nun endlich eine teure Kernspintomographie verschreiben. Ich denke, nach sechs Monaten unveränderter Leidenszeit ist das durchaus vertretbar. Vielleicht bringt uns die dann neue Erkenntnisse, an denen wir arbeiten können, ich habe da zwar so meine Zweifel, aber an irgendeinen Hoffnungsstrahl muss man sich ja klammern.
Liebe Laufblog-Freunde, bitte seid mir nicht böse, wenn ich mich in nächster Zeit bei euren Herbst-Laufberichten mit dem Kommentieren zurückhalten werde. Laufberichte zu lesen tut mir momentan einfach nur weh.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Blog-Award....



Ich habe einen Blog-Award bekommen und freue mich ganz arg darüber. Danke, Kathrin, das ist so lieb von dir!


Ich gebe ihn auch total gerne weiter, nur fällt es mir total schwer, mich zu entscheiden, denn mir würden spontan mindestens 10 andere Blogger einfallen, deren Blogs ich so gerne lese und denen ich diesen Award gerne weiterreichen möchte.
Da das aber nicht geht, beschränke ich mich schweren Herzens auf Uli und Manu.

Hier, für euch:

Freitag, 3. Oktober 2008

China Teil II

Aufgrund der Nachfrage (ich danke euch!) hier also China, Teil II.

Als wir in Shanghai ankommen, fällt mir als erstes auf, dass eine große Anzahl an Frauen Regenschirme als Sonnenschirme benutzen, das ist absolut üblich und normal. Und das, obwohl es zwar sehr heiß war, die Sonne aber gar nicht wirklich durchkam, wie man auf dem smogverhangenen Foto ja sehr gut sehen konnte. Auch der Mundschutz ist sehr geläufig, den tragen sehr viele Chinesen.

Am zweiten Tag geht es zu unserem ersten Geschäftstreffen. Ich bin sehr gespannt, die Menschen zu treffen, mit denen ich seit ein paar Monaten regelmäßigen E-Mail-Kontakt habe. Wir haben im Lauf der Woche Geschäftstreffen mit drei Firmen, und ich bin jedesmal wieder aufs neue überwältigt von der Freundlichkeit und Herzlichkeit der Chinesen. Vor Antritt der Reise habe ich einen essentiellen Tipp aus einem Forum bekommen, mir wurde gesagt, dass Visitenkarten in China ein ganz wichtiges Statussymbol sind, und dass folgende Vorgehensweise wirklich sehr wichtig ist: wenn dir dein Gegenüber seine Visitenkarte überreicht, musst du sie mit beiden Händen (!!) annehmen und sie eine ganze Weile studieren, bevor du sie wegsteckst. Damit zeigst du, dass du deinen Geschäftspartner respektierst. Und ich habe gleich vom ersten Moment an beobachtet, dass alle Chinesen sich wirklich ganz genau so verhalten, immer. Ebenfalls habe ich beobachtet, dass mein englischer Kollege von dieser Sitte keine Ahnung hatte, die Visitenkarte mit nur einer Hand entgegennahm und sie sofort wegsteckte - örgs. Ich zog ihn dann relativ schnell zur Seite, um ihn aufzuklären. ;-) Das Allerschlimmste, was man machen kann, ist allerdings, die Visitenkarte in die hintere Tasche der Hose zu stecken, damit signaliert man seinem Gegenüber, dass man keinerlei Respekt vor ihm hat, ein absolutes No-Go!!

Die Geschäftstreffen waren sehr ergiebig, mit Ausnahme von einem Punkt: das Englisch der Chinesen ist in der Regel alles andere als gut. Per E-Mail geht es prima, aber beim Sprechen hapert es doch sehr. Die Manager können in der Regel gar kein Englisch und verlassen sich in dieser Hinsicht voll auf ihre jüngeren Mitarbeiter, die als Dolmetscher herhalten müssen. Die Kommunikation war nicht immer einfach. Chinesen sagen z.B. immer "yes", wenn sie eine Frage bestätigen, auch, wenn die Antwort auf die Frage eigentlich "no" heißen müsste. Ein konkretes Beispiel:

Engländer vergewissert sich: "So you don't have any samples in this size?"
Chinese, der bestätigen will, dass er keine Proben in dieser Abmessung hat: "Yes!"
"Yes" bedeutet in diesem Fall aber "doch", und demnach ist die Verwirrung groß. Wie jetzt, gibt es nun Proben oder nicht? You do have samples? - No!! - You don't have samples? - Yes!! .....
Das Englisch der Chinesen wird aber in den kommenden Jahren nur noch besser werden, und dementsprechend noch viel größer wird auch ihr Einfluss in der Welt werden, davon bin ich überzeugt.

Eine Sache, die mich sehr beschäftigt hat, waren die Arbeitsverhältnisse der Angestellten, und ich wurde positiv überrascht. Ich fragte Sally, eine Chinesin, die im Verkauf tätig ist, von wann bis wann sie denn jeden Tag arbeite. Sie erzählte mir, dass sie morgens um acht anfange, eine Stunde Mittagspause habe, und dann habe sie um halb fünf Feierabend. Öhm. Ach so. Das ist ok. Ich war überrascht, damit hatte ich nicht gerechnet. 35-Stunden-Woche in China? Am Wochenende sind zwei ganze Tage frei, wie bei uns auch.
Falls sich jemand über den nicht wirklich chinesisch klingenden Namen Sally wundert: in China ist es üblich, sich zusätzlich zu seinem eigenen Namen noch einen englischen Namen auszusuchen, um es denn Geschäftspartnern leichter zu machen. Und ich kann bestätigen, dass die wirklichen chinesischen Namen wirklich sehr schwer zu merken und auseinanderzuhalten sind.
Über eine weitere Sache, die mich sehr interessiert, erkundigte ich mich bei Amy, nämlich die Ein-Kind-Politik in China. (Mit Amy unterhielt ich mich auf deutsch, denn sie hat sieben Jahre in Dortmund gelebt.) Ich wollte von ihr wissen, was denn passiere, wenn ein Paar in China sich der Ein-Kind-Politik widersetzt und trotzdem einfach ein zweites Kind bekommt. Diese Frage habe ich mir schon sehr lange gestellt. Amy sagte, es gebe da zwei Möglichkeiten: entweder, das Paar ist reich, dann zahlt es "einfach" die Geldstrafe von 10.000 Dollar. Klar.
Wenn das Paar aber soviel Geld nicht hat, dann bekomme das zweite Kind sein ganzes Leben lang keinen Ausweis und darf nicht in die Schule gehen.
Ich war zutiefst erschüttert.

Nch den Geschäftstreffen wurden wir dann von den Chinesen ins Restaurant eingeladen, über das größtenteils leckere und teilweise sehr befremdliche Essen habe ich ja schon berichtet. Eines ist mir noch eingefallen, nachdem Anja in ihrem Blog schreibt, dass sie keine Tiere essen mag, an denen der Kopf noch dran ist: die Hühnchen werden immer ganz genau so, wie sie sind, serviert und lediglich in Stücke geschnitten. Aber alles ist noch dran, Kopf, Augen, Beine, Krallen, Knochen, etc., man muss sich eben irgendwie seinen Weg durch das Essbare bahnen, aber das geht dann schon. ;-)
Der Vollständigkeit halber möchte ich aber noch hinzufügen, dass die meisten Restaurants in Europa wohl keine zwei Tage überleben würden, weil das Gewerbeamt aufgrund der katastrophalen hygienischen Verhältnisse sehr schnell einschreiten würde. Ich möchte nicht allzu tief ins Detail gehen, nur soviel: oft ist schlicht und einfach die "Augen zu und durch" Vorgehensweise am besten. Auch, was die Toiletten betrifft, die einfach nur aus einem Loch im Boden bestehen (in das zu zielen augenscheinlich nicht immer ganz einfach ist, falls ihr versteht, was ich meine ;-) ). Zumindest hat sich in den letzten Jahren insofern einiges getan, dass die Toiletten jetzt Türen haben, vorher war das wohl nicht der Fall: die Frauen hockten da wohl fröhlich nebeneinander beim Erledigen ihres Geschäfts und tauschten Schmink- und Kochtipps aus, oder so. Das kenne ich jetzt aber nur vom Hörensagen, ich habe das wie gesagt nicht mehr erleben dürfen, was ich nicht wirklich bedauere! ;-)

Nach dem letzten Geschäftstreffen wurden wir dann persönlich zum Flughafen chauffiert, damit der Flieger uns zurück nach Shanghai bringen konnte. Und ich war einmal mehr total gerührt über die Fürsorglichkeit unserer chinesischen Gastgeber: Jerry, eine absolut putzige Chinesin, die ich immer nur hätte knuddeln können, eröffnete uns vor der Abfahrt stolz strahlend, sie würde sich jetzt noch um unser Abendessen kümmern. Wir hätten ja die letzten Tage nur chinesische Mahlzeiten bekommen, und unser westliches Essen würde uns doch bestimmt fehlen, und wir möchten bitte nur kurz warten, sie hätten da eine Überraschung für uns. Sagts und verschwindet mit ihrem Kollegen. Eine Viertelstunde später sind sie wieder da, sie können das stolze Strahlen auf ihren Gesichtern kaum unterdrücken und sind voll freudiger Erwartung auf unsere Reaktion, als sie uns vier riesengroße MC-DONALDS-TÜTEN überreichen!! *g*
Es war sooo putzig. Es war einfach nur total zum Knutschen! Ich weiß ja nicht, wann ich zum letzten Mal etwas bei Mc Donalds gegessen habe, es ist wohl schon ein paar Jahre her, aber ich dachte beim Essen immer nur an Jerrys stolz strahlendes Gesicht und habe meinen Big Mäc und meine Pommes alleine aus diesem Grund einfach nur genossen. ;-)

Dann die Fahrt zum Flughafen, zwei Stunden Autobahn, muss ich extra erwähnen, dass es auf der Autobahn natürlich keine langsame und schnelle Spur gibt? Jeder fährt da, wo er gerade will, in dem Tempo, in dem er gerade will, es wird kreuz und quer überholt, links und rechts, gebremst, gehupt, wieder beschleunigt, noch ein bisschen mehr gehupt, Hupen ist ganz arg wichtig!, es ist eine reine Freude. Chaos total. Herrlich.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

China

So, nun bin ich wieder zurück aus China, leide noch unter der Zeitverschiebung (war heute morgen um fünf hellwach, könnte aber ohne Probleme abends um sieben schlafen gehen) und bin so voller Eindrücke, Bilder, Erinnerungen, Impressionen (hm, das ist dasselbe wie Eindrücke, oder?), dass ich gar nicht weiss, wo ich anfangen soll. Ich werde einfach versuchen, meine (natürlich absolut subjektiven!) Eindrücke unter groben Stichpunkten wiederzugeben und ein paar Fotos dazuzustellen, die sagen oft mehr als tausend Worte.

Shanghai...

... ist riesig, laut, heiss, smogverhangen, sehr modern und für eine chinesische Stadt sehr westlich. Es hatte 32°, als wir dort ankamen, die Luft war zum Schneiden, aber natürlich gibt es überall Klimaanlagen, die auf gefühlte 15° eingestellt sind, es ist ein Wunder, dass ich mich nicht erkältet habe. Das Hotel war der pure Luxus und gar nicht mal so teuer:






Hier ein Foto, das eine recht gute Idee vom Smog vermittelt - dazu möge man sich bitte 32° im Schatten vorstellen:



Ich habe es vermieden, mich allzu weit vom Hotel zu entfernen, dazu hatte ich viel zu grosse Angst, mich zu verlaufen. Die Schilder in China hätten mir in einem solchen Fall nämlich auch nicht wirklich weitergeholfen:



Der Verkehr...

... ist absolut chaotisch, aber trotzdem irgendwie auf eine gewisse Art und Weise entspannt. So habe ich als passive Verkehrsteilnehmerin es zumindest empfunden. Es gibt keine wirklichen Verkehrsregeln so wie bei uns, jeder fährt oder läuft irgendwie vor sich hin und versucht sich einen Weg durch das Chaos zu bahnen. Eigentlich funktioniert alles nach dem Einfädelprinzip - man fädelt sich immer irgendwie und irgendwo ein, ganz egal, ob man Autofahrer, Radfahrer oder Fussgänger ist. Und warum die Ampeln eigentlich in China rumstehen, das habe ich auch noch nicht so ganz verstanden. Das Ganze geht aber natürlich nicht lautlos vonstatten - es wird eigentlich permanent gehupt. Immerzu. Der längste Zeitraum, in dem ich in Shanghai keine Hupe gehört habe, betrug ca. 3 Sekunden. Das Hupen wird aber in China nicht als aggressiv empfunden, es heisst eher soviel wie "Hallo, hier komme ich, lässt du mich bitte rein/ durch/ vorbei? Danke!" Ich würde mich als Radfahrer mit Sicherheit nicht auf die chinesischen Strassen trauen, aber ich habe auch nie gesehen, dass einer umgefahren wurde. Auf eine ganz gewisse und andere Weise haben die chinesischen Verkehrsteilnehmer viel Respekt voreinander, man passt gegenseitig auf sich auf im Chaos, ganz egal, ob man nun einen dicken Mercedes fährt oder ein uraltes, verrostetes Rad, das hat mir gefallen und mich irgendwie berührt.

Das Essen...

... ist ganz anders als das chinesische Essen, das wir in Europa beim Chinesen serviert bekommen. Ich sage es ehrlich, ich konnte mich nicht überwinden, alles zu probieren, vieles sah einfach zu befremdlich aus. Es bestellt nicht jeder ein einzelnes Gericht, sondern es werden ganz viele kleine Gerichte bestellt, die dann gemeinsam gegessen werden. Im Restaurant wird von demjenigen, der einlädt, das komplette Essen bestellt.
Traditionell isst man "solange das Geld reicht" Fleisch und Fisch, und erst, wenn das Budget verbraucht ist und noch jemand Hunger hat, wird Reis bestellt. Deswegen ist es eigentlich unmöglich, gleich zu Anfang Reis zu bekommen. Selbst wenn man gleich Reis bestellt, bringen sie ihn oft erst, wenn alles andere aufgegessen ist. Und dann brauche ich ihn auch nicht mehr, deswegen habe ich nach den ersten zwei Tagen einfach auf den Reis verzichtet. Die Gerichte kommen nach und nach, immer mehr und mehr werden auf die Glasplatte, die in der Mitte des Tisches steht und sich dreht, gestellt, irgendwann ist kein Platz mehr, aber es kommt immer noch mehr und mehr nach, deswegen stellt man die Schüsseln dann einfach kreuz und quer übereinander, was in etwas so aussieht:



Wir hatten auch das Privileg, zu einer Hochzeit eingeladen zu werden. Vor dem eigentlichen Essen wurden Snacks serviert, die auf der Mitte eines jeden Tisches standen. Der Teller mit den "Snacks" (ähem) sah so aus:



Muss ich extra erwähnen, dass es in China kein Rauchverbot gibt? ;-)
Es rauchen nur die Männer, Frauen nicht, eine Frau ist unten durch, wenn sie raucht. Es wird permanent und überall geraucht, auch während des Essens. Ich habe mir immer nur mantramässig vorgesagt, es ist nur eine Woche, Hase, das hältst du durch, nur eine Woche, und danke, dass wir in Europa das Rauchverbot haben und rauchfrei essen dürfen.

Hier noch zwei Fotos vom Essen:





Ich möchte noch erwähnen, dass ich keinen einzigen übergewichtigen Chinesen und keine einzige übergewichtige Chinesin gesehen habe. Die sind alle schlank.


Die chinesischen "Kleinstädte"...

... sind riesig! ;-)
Ich verwende das Wort "Kleinstadt" mit einer gewissen Ironie und doch auch wieder nicht. Wir waren neben Shanghai in zwei Städten in der Provinz, die jeweils 1 bis 3 Millionen Einwohner hatten, und die Chinesen bestanden absolut insistent darauf, dass es sich dabei um Kleinstädte handelte. Als richtige Stadt zählt in China erst eine, die über 10 Millionen Einwohner hat.

Ich persönlich fand die Provinz und die "Kleinstädte" (*hust*) als sehr viel faszinierender als Shanghai, weil man dort das wirkliche chinesische Leben sieht. Ich lasse einfach ein paar Fotos sprechen, aber ich muss unbedingt die Geschichte erzählen, die mich am meisten fasziniert hat. In Jinzhou, einer Kleinstadt ;-) nordöstlich von Peking, beschloss ich an einem Nachmittag, an dem ich ausnahmsweise ein wenig Zeit hatte, ein bisschen durch die Strassen zu schlendern und die Atmosphäre auf mich wirken zu lassen. Diese Stadt hat keinerlei Tourismus und es kommen nicht viele Auswärtige dorthin. Ich schlenderte gemütlich vor mich hin, machte ein paar Fotos, als mir auf einmal auffiel, dass mich jeder, aber wirklich ohne Übertreibung absolut jeder, der an mir vorbeikam, anstarrte. Unverhohlen und mit grossem Interesse. Alle. Männer, Frauen, alt, jung. Ich wurde angestarrt wie ein Marsmensch. Ich kam mir vor wie Britney Spears, die in München über den Marienplatz spaziert. Bis mir klar wurde, dass das nichts mit meinem Berühmtheitsgrad in China zu tun hat, sondern einfach nur daher rührt, dass die Menschen in Jinzhou so gut wie nie westliche Gesichter zu sehen bekommen. Ich war die Attraktion. Erst fand ich es ein bisschen gruselig, dieses unverhohlene Angestarrtwerden von allen Seiten, aber schnell wurde mir klar, dass die nichts taten, die wollten nur spielen, bzw. gucken und am Abend daheim stolz erzählen, dass sie heute ein Rundauge gesehen haben. Jugendliche, die an mir vorbeiliefen, stiessen sich gegenseitig kichernd an und zeigten mit den Fingern auf mich. Ich fand es köstlich amüsant und fragte mich die ganze Zeit, wie es wohl wäre, wenn ich blond wäre? Mit meinen dunklen Haaren falle ich ja gar nicht so sehr auf? Die Antwort auf diese Frage bekam ich noch am selben Abend, als ich gemeinsam mit meinem englischen Kollegen, der rote Haare und Sommersprossen hat, ein Restaurant in Jinzhou betrat. Wir hatten kaum das Restaurant betreten, als wir von mehreren Seiten entzücktes Auflachen hörten, und dazu mehrere Chinesen, die völlig ungläubig mit den Fingern auf uns deuteten. Das war einfach putzig!

Hier noch diverse Impressionen von Jinzhou:





















Sonstiges Bemerkenswertes...

In China ist es normal, laut (!) den Schleim aus den Lungen zu holen und auszuspucken, egal jemand direkt daneben steht oder nicht. Überall macht man das. Im Flughafen wird dann netterweise eben nicht auf den Boden, sondern in den Abfalleimer gespuckt. Ich wurde vor der Reise vor diesem Phänomen gewarnt und war darauf vorbereitet, aber die ersten Male zuckt man doch zusammen, wenn man das hört. Nach einer Weile ist es dann allerdings fast normal und man achtet nicht mehr (ganz so sehr) darauf.

Hier ein Bild von einem kleinen Mädchen bei der Hochzeit, das ich am liebsten gefressen hätte, weil ich es soooo putzig und bildhübsch fand:



Die Trauung:



Ich könnte noch tausend Sachen erzählen, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Nur noch soviel, es war eine unglaublich bereichernde, tolle und spannende Erfahrung.

P.S. Leider muss ich die Wortbestätigung für Kommentare wieder aktivieren, da ich seit der Veröffentlichung dieses Beitrags absolut zugespammt werde.