Eigentlich wären nach dem Manu-Plan heute 24 km dran gewesen, aber wie finde ich genau heraus, was 24 km sind? Ich hab zwar ein GPS, aber das habe ich nur im Winterhalbjahr in Betrieb. Warum nur im Winter? Nun, sobald Laub auf den Bäumen ist, hat mein GPS permanente Aussetzer und piept insistent herum, und das kann nerven. Na dann eben nicht.
Ich hab mir also auf meiner Karte, mit Lineal und Bleistift bewaffnet, eine Strecke ausgetüftelt, die meiner Meinung nach so etwa 24 km entsprach. Na ja, eher 25. Aber das ist noch innerhalb der Toleranzschwelle, das muss ok sein. Es sollte über unsere Lieblingsdörfer Flée (ist der Name nicht herrlich?) und Montigny-sur-Armançon gehen. Um Punkt 12 lief ich los, dick mit Sonnenmilch eingecremt. Der Wald zwischen Lac de Pont und Allerey ist ganz besonders schön, viel Verkehr ist hier auch nie, und heute noch weniger, da es ja Mittagszeit war. Mitten im Wald fiel mir auf einmal auf, dass mein IPod, bzw. die Musik in meinen Ohren, mich nervte. Also ausgeschalten und in der Stille weitergelaufen, und diese dann auch genossen. Es ist kurios: manchmal gibt mir meine Lieblingsmusik beim Laufen ganz unheimlich viel und beschwingt mich. Wenn im richtigen Moment das richtige Lied kommt, kann mir das im wahrsten Sinne des Wortes Flügel verleihen und mich unheimlich motivieren. Und dann ist es aber manchmal so wie heute - wo es mich einfach nur nervt. Das hängt aber sicher auch mit dem Ort zusammen, wo ich gerade laufe. Wenn ich direkt nach der Arbeit durch Semur laufe, mitten im Feierabendverkehr, dann bin ich sehr dankbar, meine Musik hören zu dürfen anstatt nervender Autos und Mofas. Und dass er mich heute ausgerechnet im Wald genervt hat, ist auch kein Zufall - friedlicher grüner Wald und Placebo passen einfach nicht zusammen.
Aber dafür gibt es ja zum Glück den Knopf zum Ausschalten, ist also alles kein Problem.
Über Allerey kam ich über eine sehr hügelige Straße nach Flée, wo ich am Friedhof Halt machte (nur kurzfristig natürlich), um zu trinken. Nun stand da am Wasserhahn ein Schild, "Eau non potable" - kein Trinkwasser. Hä? Muss ein Irrtum sein und trifft nicht zu, habe ich beschlossen. Und das Wasser war dann auch tatsächlich durchaus potable und schmeckte gut, und mir geht es auch jetzt immer noch gut ;-)
Durch Flée zu laufen ist immer wieder eine Augenweide, da würden Charly und ich gerne wohnen. Ich muss unbedingt mal Fotos von Flée machen. Dann ging es weiter nach Roilly, ein Dorf, das durch seinen herrlichen und sehr üppigen Blumenschmuck beeindruckt, und dann nach Brianny, wo heute Flohmarkt war. Mei, war das ein Gewusel, ganz Brianny war da zugange, endlich mal was los hier! Auf französisch nennt man so einen Dorf-Flohmarkt ehrlicherweise Vide Grenier - was soviel wie Ausleeren des Dachbodens heißt. Ich finde das eine sehr ehrliche Bezeichnung.
Drei Kilometer nach Brianny landete ich in Montigny, wo ich dann schon 16 km in den Beinen hatte und mich wieder auf den Friedhof freute - wegen des Wasserhahns. Hier warnte auch kein Schild vor dem Wasser. Ich kann jetzt selber nur den Kopf über mich schütteln, dass ich früher meine langen Läufe ohne auch nur einen einzigen Schluck zu trinken durchgezogen hab - aus dem simplen Grund, dass ich einfach keine Lust hatte, stehenzubleiben! Und jetzt mache ich an den Brunnen und Friedhöfen, die mir in den Weg kommen, zwei Minuten Halt, was sind schon zwei Minuten?, und fühle mich danach wie neugeboren.
Danke für deine Insistenz, mein Charly xxxx
Eine weitere Erkenntnis hatte ich während des Laufes heute. Die Charaktere von Hunden sind genauso unterschiedlich wie die von Menschen. Alle sind Individuen, jeder Jeck ist anders. In Flée lief ich auf einen Hund zu, den ich schon von weitem sah, er saß einfach so da, mitten auf der Straße - und er lächelte mich freundlich an. Ich finde, wenn Hunde hecheln, dann sehen sie aus, als würden sie lächeln. Er ließ mich einfach an ihm vorbeilaufen, freute sich und wedelte dabei mit dem Schwanz. Netter Hund. In Roilly kam ich dann an einem Haus vorbei, wo ein Hund neben dem offenen Gartentor angekettet war. Eine Fußhupe, nicht höher als 10 Zentimeter, na gut, sagen wir 15. Und ich habe noch nie einen so hysterischen Kläffer erlebt. Mei, musste der schimpfen und motzen und kläffen und dabei wie ein Gummiball in die Höhe hüpfen, er konnte gar nicht so schnell kläffen und hupfen, wie er motzen wollte, ich dachte, er erhängt sich an seiner Leine, der arme Kerl. Faszinierend. Aber warum muss man sich auch einen Hund an der Kette halten? Finde ich traurig.
Als ich nur noch vier Kilometer von zuhause entfernt war, reichte es mir dann doch, ich sehnte das Ende des Laufes herbei, und ich beschloss ganz spontan, noch einmal das zu probieren, was ich während meines ersten Marathons schon erfolgreich erprobt hatte - die Greif'sche Endbeschleunigung. Ganz ohne von einem Hund verfolgt zu werden, übrigens. Ich legte einen Zahn zu und lief schneller, und es ging gut. In Zahlen kann ich es leider nicht sagen, wie gesagt, es ist Sommer, und Sommer heißt, Hase ist ohne GPS unterwegs, aber ich fühlte, dass ich recht flott unterwegs war. Ich laufe diese langen Läufe bewußt langsam, in einem Kilometerschnitt von ca. 6:30 oder auch mal 6:45, wenn es bergauf geht, und die letzten vier Kilometer bin ich wohl irgendwas zwischen 5:40 und 5:45 gelaufen. Da bin ich dann aber schon froh, wenn es vorbei ist. Ich kam vor meiner Haustür an, der Schweiß spritzte nur so von mir weg und im Vergleich zu meinem Kopf wäre jede überreife Tomate blass erschienen. Kröch. Ich habe es geschafft, und mir geht's gut! Und ausgerechnet genau in diesem Moment hält ein Auto an, und eine Horde junger Leute fragt mich nach dem Weg zum Lac de Pont. Während ich es ihnen erklärte, entging mir nicht, dass sie mich anstarrten wie eine Außerirdische. Der Schweiß lief in Sturzbächen an mir runter, und mein Kopf!! Ich schwöre, der ist in solchen Momenten wirklich sehr, sehr, sehr rot. Aber gut, sie bekamen ihre Wegbeschreibung, und das war ja das, was sie wollten, nicht wahr?
Charlys Kopf ist nie rot. Der behält immer seine normale Farbe. Ich finde das ungerecht.
Und dann habe ich heute noch etwas gemacht, was ich selber ein bisschen dekadent finde und noch nie gemacht habe: in Ermangelung eines (im Sommer) funktionierenden GPS bin ich die Strecke dann noch mit dem Auto abgefahren. Ich war einfach neugierig und wollte wissen, wieviel das nun genau war - und es waren auf den Meter genau 25 Kilometer. Nicht 24,9 und auch nicht 25,1 - nein, 25,0.
Es ist auch rein mental interessant, das zu machen, die Strecke kam mir dann im Auto ganz schön weit vor, und das bin ich gelaufen! Und mir geht's gut. Schööön!
Vorgestern habe auch ich endlich Post aus Berlin bekommen. Jetzt ist es richtig offiziell - wir fahren nach Berlin! Und ich freu mich ganz riesig darauf.
Dunkle Tage
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Kurz noch ein Thema, das ich bereits vor Wochen angeschnitten hatte: Das
Blogsterben: in den 17 Jahren, in denen ich kontinuierlich und sehr gerne
blogge, ...
vor 2 Tagen