Freitag, 28. Dezember 2007

4000 Meter am Limit!

Ich habe ja bereits erzählt, dass ich im neuen Jahr zum ersten Mal etwas strukturierter nach Plan laufen will. Dafür habe ich mir den virtuellen Trainingsplan von Viktor Röthlin ausgesucht, der einem ein ganz individuelles Training vorgibt. Diesem Trainingsplan gibt man dann sein persönliches Feedback zurück, worauf der Plan sich den erbrachten Leistungen individuell anpasst. Ich habe das jetzt schon mal zwei Wochen ausprobiert (daher kam das Intervalltraining mit Charly) und für gut befunden.
Damit der Vic-Plan mich einschätzen kann, muss ich 4000 Meter auf Zeit laufen, also richtig schnell, so schnell wie ich kann. Und davor hatte ich bisher immer einen ziemlichen Horror - so kurze Strecken am Limit zu laufen, das mag ich ja nicht unbedingt wirklich gerne. Für meinen zweiwöchigen Probeplan hatte ich die Zeit einfach geschätzt, ohne die 4 Kilometer wirklich gelaufen zu sein, nämlich auf 19 Minuten und 55 Sekunden. Das kam mir zwar viel zu optimistisch vor und ich war eigentlich sicher, die 4 km nicht wirklich unter 20 Minuten zu schaffen, aber der Trainingsplan, der sich aus dieser 4-Kilometer-Zeit für mich ergeben hat, war total ok.
Und heute wollte ich es wissen. Wie schnell kann ich sie nun wirklich laufen, diese verflixten 4 Kilometer? Kann ich das tatsächlich unter 20 Minuten schaffen, also in einem Kilometerschnitt von unter 5 Minuten, oder werde ich eher 21 Minuten oder gar 22 Minuten brauchen?
Mit meinem superschicken neuen Forerunner 205, den mir das Christkind gebracht hat *freu*, lief ich heute vormittag bei acht Grad minus los. Was für eine tolle Art, dieses schicke Teil einzuweihen! Ein normaler Dahinhoppel-Lauf würde meinem edlen neuen Forerunner als Einweihungslauf doch gar nicht gerecht.
Ich lief mich zwei Kilometer ganz langsam ein und steuerte auf den flachen Radweg zu, den Charly mir vorgestern abend gezeigt hat und der für diesen Zweck einfach ideal ist. Flach, asphaltiert, keine Autos. (Und keine zugefrorenen Seen, die mir in die Quere kommen.)
OK, Hase, jetzt zeig, was du drauf hast, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich hatte vor, die ersten drei Kilometer in einem glatten Fünf-Minuten-Schnitt zu laufen und dann auf den vierten und letzten Kilometer zu schauen, ob ich noch beschleunigen kann, um so auf knapp unter 20 Minuten zu kommen.
Also los, Gummi. Ich schaue nach ca. 300 Metern zum ersten Mal auf meine Pace und stelle fest, dass ich mit einem Schnitt von 4 Minuten und 35 Sekunden laufe. Nee, Hase, vergiss es, so wird das nichts. Du musst langsamer machen, sonst brichst du gnadenlos ein. Diese Pace hältst du vielleicht einen Kilometer lang durch, aber keine vier. Also pendele ich mich auf ca. 4 Minuten und 57 Sekunden ein. Diese Pace von knapp unter fünf Minuten gefällt mir, so habe ich das Gefühl, mein Ziel erreichen zu können und sogar noch etwas Luft zu haben. Es geht, dieses Tempo kann ich halten. Auch den zweiten Kilometer schaffe ich in 4:56. Durchhalten, die Hälfte ist geschafft. Den dritten Kilometer schaffe ich auch wieder in 4:57 und fange schon ein bisschen an, mich zu freuen. Nur noch ein Kilometer. Jetzt nur durchhalten, nicht langsamer werden, vielleicht am Schluss noch etwas Gummi geben? Ein Kilometer kann so lang sein, wenn einem langsam schlecht wird und der Bauch anfängt, wehzutun! Aber ich schaffe es, das Tempo auf die letzten 300 Meter noch etwas anzuziehen, ich warte sehnsüchtigst darauf, dass mein neues Spielzeug mir durch ein Piepsen das Ende dieser Qual ankündigt, es piepst, ich schaue auf den FR, sehe, dass ich den letzten Kilometer in 4:49 gelaufen bin, keuche, japse, bleibe stehen, hole Luft, und freue mich wie blöd.
Das ergibt eine 4-Kilometer-Zeit von 19 Minuten und 39 Sekunden, das ist irre für mich! Ich bin tatsächlich jeden dieser vier Kilometer unter fünf Minuten gelaufen, das hätte ich mir nie zugetraut.
Und das bei acht Grad minus - ich habe wohl robuste Lungen....
Ich bin total euphorisch und freue mich einfach. Nachdem ich 200 Meter gegangen bin, um meinen Puls wieder runterzubringen, falle ich wieder in einen gemütlichen Trab und laufe heim, wo Charly schon auf mich wartet. Natürlich falle ich ihm gleich überglücklich um den Hals, und er staunt nicht schlecht über seinen Hasen und freut sich riesig mit.
Jetzt freue ich mich noch mehr auf mein Laufjahr 2008, mit meinem neuen Forerunner 205 und so einer schönen 4-Kilometer-Zeit könnte es doch gar nicht besser anfangen.
Da geht noch was!

Donnerstag, 27. Dezember 2007

Allgäu, Kälte, Sonnenschein

Das Allgäu wird seinem Ruf in den letzten Tagen, seit wir hier sind, mehr als gerecht, und ich genieße dieses herrliche Winterwetter in vollen Zügen. Als wir Dienstag abend um 22 Uhr hier ankamen, hatte es minus 12° und es lag Schnee, und ich freute mich wie ein Kind auf meinen Lauf am nächsten Vormittag - ich liebe diese klirrende, trockene Kälte! Noch dazu war der Himmel strahlend blau und die Sonne schien, als ich loslief, zwar hatte es am Vormittag dann nur noch milde minus acht Grad, aber das war auch ok. So lief ich los, ohne so recht zu wissen, wohin, Charly musste leider arbeiten und konnte micht nicht leiten. Was mich total erstaunt und auch gefreut hat: ich lief die ersten zwei Kilometer in einem für mich "normalen" Tempo, ich hatte den Eindruck, ganz normal und sicher nicht besonders schnell unterwegs zu sein, und war dann hocherfreut, dass ich beide Kilometer jeweils unter sechs Minuten gelaufen war, was für mich eigentlich ein Tempo ist, für das ich mich schon ein bisschen anstrengen muss. Wenn das an dem Tag mein Wohlfühltempo sein sollte, sollte es mir recht sein.
Irgendwann landete ich dann an einem fatalen Scheideweg: rechts von mir war steiler Wald, der Weg war zu Ende, nur noch Bäume und Dickicht gab es, noch dazu sieg es steil an. Dass ich mich da nur verlaufen konnte, war mir sonnenklar - blieb mir also nur, wieder umzukehren. Oder...... links von mir war der Bachtelsee. Und der war zugefroren. Und auf der anderen Seite des Sees konnte ich sehen, dass der Weg da weiterging. Das konnte ich doch zumindest mal probieren - ? Schließlich hatte es gestern nacht noch minus zwölf Grad, und vorhin beim Loslaufen noch minus acht, da ist so ein See doch bestimmt so richtig fest zugefroren? Vorsichtig setzte ich eine Hasenpfote auf das Eis - hält. Vorsichtig kommt die zweite Hasenpfote hinzu. Hält immer noch, und macht keinen Mucks. Das Eis ist richtig dick, ich fühle es. Vorsichtig mache ich ein paar Schritte. Das Eis hält. Ich fühle mich sicher und beschließe, über das Eis auf die andere Seite zu gehen. Gelegentlich höre ich dann allerdings ein ganz kurioses Geräusch. Es hört sich an, als ob das Wasser unter dem Eis mit aller Gewalt an die Oberfläche drängen will, als ob die ganze Wassermasse nach oben schwappt, und es hört sich einfach nur unheimlich an. Aber das Eis hält. Ich habe jetzt aber doch die nötige Ehrfurcht vor meinem Unterfangen und überlege, ob ich nicht doch lieber wieder zurück soll? So ganz alleine hier in den See einbrechen wäre blöd, und verdammt kalt. Aber ich wollte mich doch nur nicht wieder mal im Wald verlaufen, das kann man doch verstehen, oder nicht? Ich setze weiter vorsichtig einen Schritt vor den nächsten und finde, dass das andere Ufer noch verdammt weit weg ist, als es auf einmal KNACK macht und mir das Herz in die Hosentasche rutscht. Knack, ganz eindeutig. Ich bleibe stehen, habe Angst und bete, dass ich nicht gleich von klirrend kaltem Wasser umfangen bin. Vooorsichtig drehe ich mich um. Es geht. Dass ich jetzt wieder kehrt mache, ist völlig klar - wenn das denn überhaupt noch geht. Ich gehe voooorsichtig wieder auf das andere Ufer zu. Es macht wieder knack. Ich habe Angst, mein Herz klopft wie wild und ich gehe ganz behutsam weiter. Aber das Eis hält. Es knackt noch ein bisschen, um mich zu ärgern, aber es hält. Als ich wieder heil am Ufer ankomme, packt mich eine riesengroße Erleichterung. Mensch Hase, du hast sie echt nicht mehr alle, kein Mensch ist hier unterwegs!! Ich freue mich, dass ich meinen Charly gleich wiedersehe und er mich nicht tiefgefroren aus dem Bachtelsee bergen muss.
Die Kilometer bis nach Hause bin ich dann auch allesamt unter sechs Minuten gelaufen, aber das kam von der Angst, die mir noch in den Knochen steckte.

Montag, 24. Dezember 2007

Jahresrückblick 2007 - Jahresvorausblick 2008

Jahresvorausblick - sagt man das? Gibt es dieses Wort? Ich bin mir jetzt ehrlich nicht sicher. Aber vielleicht liegt das daran, dass das ja eigentlich gar nicht wirklich möglich ist, vorauszublicken. Ich kann natürlich erzählen, was ich 2008 läuferisch gerne machen und erreichen würde, aber ob dies dann möglich sein wird, steht in den Sternen und muss wohl einfach so hingenommen werden, wie es kommt.

2007 war läuferisch ein sehr schönes Jahr für mich. Im Juni / Juli hatte ich Ärger mit meinem Sprunggelenk, das war nicht schön, weil es mir das Laufen fast zwei Monate lang vermiest hat. Aber abgesehen davon, und von meiner reinen Paranoia vor Verletzungen, die nicht vorhanden sind, habe ich ein tolles Jahr erlebt. Ich bin im April meinen ersten Marathon gelaufen, mit meinem weltbesten Hasencoach an meiner Seite. Und im Mai meinen zweiten. Und im September meinen dritten. Und im November meinen vierten, mit persönlicher Bestzeit. Ich bin 2007 bisher insgesamt 2315 Kilometer gelaufen und habe jetzt unterbewusst den blöden Ehrgeiz, die 2400 Kilometer vollzumachen, was natürlich Blödsinn ist, da das für diese Woche 85 Kilometer bedeuten würde und ich noch nie so viele Kilometer in einer Woche gelaufen bin. Geruhsame Weihnachten allerseits.

Was möchte ich 2008 gerne machen und schaffen?
Nun, es gibt da drei Marathons, die ich jetzt schon im Auge habe und unheimlich gerne laufen würde, wenn mir nichts dazwischenkommt. Da ist zunächst einmal der Freiburg-Marathon am 6. April, dann der Elsass-Weinberg-Marathon am 21. Juni, und schließlich der König-Ludwig-Marathon am 27. Juli 2008.
Und dann schauen wir mal, was sich im Herbst noch so anbietet, bis dahin ist ja noch so viel Zeit.

Ansonsten habe ich so eine vage Ahnung, dass ich mich schnelligkeitsmäßig noch verbessern könnte. Und auf einmal habe ich Lust, zu testen, was da noch geht. Seit fast acht Jahren laufe ich jetzt regelmäßig, im Februar 2000 habe ich angefangen, und ich bin einfach immer nur schön gemütlich vor mich hingehoppelt, einfach nur wegen der Freude am Laufen, ohne jegliche Zeitambitionen. Nie habe ich gezielt auf einen Wettkampf hintrainiert. Und das war auch immer absolut ok so. Aber jetzt will ich mehr. Die paar Mal, die ich Intervalltraining mit Charly gemacht habe, haben mir richtig Spaß gemacht, weil ich gemerkt habe, dass ich tatsächlich schneller laufen kann, ohne dabei gleich am Limit zu sein. Ich will mir sicher keinen Stress machen, Laufen soll in erster Linie immer Freude und Entspannung für mich bleiben. Trotzdem mag ich mal testen, was man aus den Hasenpfoten noch so herausholen kann. Aber nur auf der Halbmarathon- und 10-km-Distanz, nicht beim Marathon. Marathon gezielt auf Zeit zu laufen will ich mir nicht antun, dazu sind mir diese 42 Kilometer definitiv zu lang. (Wobei sie ja auch schneller vorübergehen, wenn man sie schneller läuft......)
Ich möchte 2008 also zum ersten Mal die 10-Kilometer-Distanz im Wettkampf angehen und schauen, wie schnell ich das schaffe.
Und ich möchte meine Halbmarathon-Bestzeit, die bei 1 Stunde und 58 Minuten liegt, verbessern. 1:55 wäre ein Traum. Schauen wir mal.
Ich freue mich auf das neue Laufjahr, das vor mir liegt.

Aber jetzt wünsche ich euch allen erstmal ein schönes, stressfreies, entspannendes und fröhliches Weihnachtsfest, und rutscht gut rüber.
2008 wird ein schönes Jahr.

Samstag, 8. Dezember 2007

Bestzeit auf nüchternen Magen

Heute früh lag ich so im Bett und hab mir überlegt, wo ich denn hinhoppeln könnte. Allzu viel Zeit wollte ich nicht brauchen, weil ich heute noch einiges vorhatte, ich wollte meine Weihnachtseinkäufe in Dijon erledigen und so.
Dann hab ich ganz spontan beschlossen, das wird heute ein Tempolauf. Mein Hasencoach hat mir nämlich gesagt, ich solle ab jetzt gelegentlich mal Tempoläufe machen, und diese Woche habe ich noch gar keinen gemacht - in der Dunkelheit ist das aber auch schwierig. Also hab ich mir gesagt, läufst du die kleine St. Euphrône-Runde, das sind haargenau 10 km, und die läufst du heute mal wieder schnell.
Ich bin also gebreeezt. Richtig schön gebreezt, es fühlte sich gut schnell an, aber ich war noch nicht am äußersten Limit, auch an den Hügeln nicht. Das letzte Stück die Allee rauf war hart, weil ich da vollen Gegenwind hatte, so richtig voll ins Gesicht. Ich hab die letzten paar Kilometer bewusst nicht mehr auf die Uhr geschaut, ich wollte mich einfach überraschen lassen und schauen, was heute geht. Und als ich dann beim Hasenstall angekommen bin und auf die Uhr geschaut hab, durfte ich feststellen, dass ich die 10 km heute - und zwar die St. Euphrône-Runde, die echt nicht flach ist - in haargenau 53 Minuten gelaufen bin !

Boah, ich hab mich gefreut. Auf nüchternen Magen !! Direkt nach dem Aufstehen, rein in meine rosa Ballettschühchen (es sind nicht wirklich Ballettschühchen, aber ich nenne sie so, weil sie ganz leicht und ganz flach und gar keine Laufschuhe sind), und PB auf 'nen Zehner!!

Wenn ich dann zum ersten Mal in meinem Leben einen offiziellen Zehner-Wettkampf laufen werde - und für nächstes Jahr steht das fest auf dem Programm - dann sollte ich den am besten auch frühmorgens auf nüchternen Magen laufen, da läuft es bei mir eindeutig am besten, das ist wirklich so! Aber dann kann ich leider nicht auf die Begleitung meines Hasencoachs zählen, da dessen Biorhythmus frühmorgens so richtig im Keller ist ;-)
Ich freu mich - da geht noch was!

Jetzt wird regelmäßig Intervall trainiert, und nächstes Jahr werden sämtliche Bestzeiten zerbröselt !! *voll motiviert sei*

Donnerstag, 6. Dezember 2007

Kuaranzanocht

Als ich loslaufe, ist es halb acht. Ich habe mir angewöhnt, nicht mehr unmittelbar nach der Arbeit um halb sechs loszulaufen, sondern zuerst zu Abend zu essen und danach zu laufen. Denn dunkel ist es sowieso, doch um halb acht ist wesentlich weniger Verkehr auf den Straßen. Da sitzen nämlich (fast) alle Franzosen beim Apéritif.
Wie gesagt, es ist dunkel. Letzte Woche ist es mir ganz schön an die Nieren gegangen, immer nur in schwärzester Nacht zu laufen, aber jammern nützt nichts, das Winterhalbjahr hat gerade erst angefangen. Also trete ich vor die Haustür und bin guter Dinge, ich will heute ein bisschen länger unterwegs sein, da es gestern nur 5 km wurden. Es ist sehr mild, es hat über 10°. Zuerst laufe ich hinunter an den Armançon, das ist immer wieder ein wunderschöner Anblick bei Nacht, mit dem Pont Pinard, der angestrahlt wird. Ich muss mal versuchen, davon ein Foto by night zu schießen. Dann geht es die sehr steile Rue du St Lazare wieder nach oben und raus aus Semur, in die finsterste Nacht. Ich begebe mich in Richtung Cernois, denn auf der kleinen Straße, die in dieses 50-Seelen-Dorf führt, ist um diese Uhrzeit so gut wie gar kein Verkehr. Ich habe meinen IPod auf den Ohren und starken Gegenwind im Gesicht. Ich sehe die Straße nur schemenhaft vor mir, so zu laufen, erfordert schon einiges an Konzentration, aber heute macht es mir trotzdem Spaß und ich verkrampfe mich nicht allzusehr, ich vertraue einfach darauf, dass da keine Äste oder sonst irgendwelche Hindernisse im Weg liegen. Als ich mich Cernois nähere, werden die Bäume und das dichte Gebüsch am Wegesrand immer dichter. Da können sich doch wilde Tiere verstecken? Ein paar Wildschweine? Örgs. Nein, mir wird nicht unheimlich, ich bin völlig entspannt, ich laufe oft in finsterster Nacht durch mir mehr oder weniger völlig unbekannte und völlig verlassene Straßen, das macht mir gar nichts aus. Trotzdem beschließe ich, solange ich wegen Bäumen und Sträuchern nicht über den Wegesrand hinausblicken kann, den IPod auszumachen. So würde ich das Wildschwein, das mich angreift, zumindest hören. Erwähnte ich, dass es stockfinster ist? Im Allgäu nennt man so eine Nacht "Kuaranzanocht" - d.h., eine Nacht, die so finster ist wie im Bauch (Ranzen) einer Kuh. Dieser Logik ist nichts entgegenzusetzen. Im übrigen empfehle ich euch den neuesten Blogeintrag von Charly, da könnt ihr mal so richtig was für euer eingerostetes Allgäuerisch tun, Link siehe rechts.
Neben der Straße fließt ein kleines Bächlein. Und in dem macht es auf einmal "PLATSCH", und mir rutscht das Herz in die Hosentasche. Warum denke ich nie vorher daran, wie unheimlich das werden kann, wenn es so stockduster ist? Nun, das war wohl hoffentlich nur ein Frosch, und ich hoppele weiter. Ich bin froh, wenn ich diesen Gruselweg hinter mir lasse. Eigentlich wollte ich bis nach Cernois laufen und dann wieder zurück, aber jetzt, wo ich in Cernois angekommen bin, wo es sogar Straßenlampen gibt, halleluja!!, denke ich gar nicht daran, umzukehren und mich erneut auf den Gruselweg zu begeben. Ich laufe durch Cernois durch und beschließe, Vic de Chassenay anzusteuern und von dort aus direkt zurück nach Semur zu laufen. Das sind ca. 2 km mehr, aber nicht so gruselig.
Nicht so gruselig - das sagt sich leicht, solange ich noch im spärlich beleuchteten Cernois bin, aber als ich es verlasse, ist es auf einmal wieder stockdunkel und eigentlich genauso unheimlich wie vorher. Egal, ich muss da jetzt durch, ich werde schon nicht gefressen werden. Ich renne mitten in eine riesengroße Regenpfütze, klar, wie soll ich die auch sehen, so dunkel wie es ist? Neben dem Weg sehe ich Felder, manchmal sehe ich den Umriss eines Straßenschilds und kriege jedesmal einen Schrecken, weil ich denke, da steht ein böser Mann und will mich erledigen. GRUSEL. Nein, ist nur ein Vorfahrt-Achten-Schild. Auf dem Feld neben mir erkenne ich jetzt umrissartig große, weiße Gestalten. Sie sind weiß und heben sich von der Dunkelheit ab, was ist das nur? Ich versuche, meinen Blick zu schärfen und erkenne auf einmal, was ich da vor mir habe - das sind KÜHE, die mich wiederkäuend anglotzen!! Wäre es just in dem Moment einer Kuh eingefallen, mich anzumuhen, ich wäre vor Schreck tot umgefallen.
Ich erreiche Vic de Chassenay und gelange von dort aus auf die Straße, die direkt zurück nach Semur führt. Irgendwie fühle ich mich jetzt hier wieder sicherer und habe auch das Gefühl, die Straße wieder besser zu erkennen. Also mache ich meinen IPod wieder an. Ich muss über mich selbst grinsen, ich Hasenfuß, ich. Was muss ich auch mitten in der Nacht in die tiefste Pampa rennen? In meinem IPod kommt jetzt "Run, baby, run" von Sheryl Crow, und das mache ich, und zwar schnellstens nach Hause. Als ich daheim ankomme, bin ich 14 Kilometer in 1 Stunde und 25 Minuten gelaufen und wurde wieder einmal nicht gefressen. Jetzt haben wir doch schon wieder gezeigt, dass wir nachts rennen können. Ist bald Frühling?

Sonntag, 2. Dezember 2007

Samstag morgen

Samstag morgen. Ich werde von den Regentropfen, die auf mein Dachfenster trommeln, aufgeweckt. Ich will heute wieder einmal unmittelbar nach dem Aufstehen laufen, einfach nur in die Laufklamotten, eine Tasse heißes Wasser trinken, und los gehts. Ich drehe mich noch ein paarmal im Bett herum und döse vor mich hin, der Regen macht das Bett umso gemütlicher, aber ich rufe mir in Erinnerung, dass ich gerne im Regen laufe und dass ich eigentlich viel zu selten das Vergnügen habe, also auf und los. Gleich als ich die Haustür hinter mir schließe, umschließt mich der Regen, er begrüßt mich und sagt, hallo, schön, dass du da bist, komm, ich begleite dich auf deinem Lauf, und ich freue mich, dass er mir Gesellschaft leistet. Obwohl es erst Samstag morgen um viertel vor neun ist, herrscht schon reger Verkehr, und ich will den Autos entfliehen und mache mich auf den Weg in Richtung Charentois, denn das ist eine Straße, die für Autos gesperrt ist. Nur der Regen und ich dürfen heute auf diesen Weg. Ich bin innerhalb weniger Minuten völlig durchnässt und genieße das Gefühl, eins mit dem Regen und der frischen Luft zu sein. Kalt ist mir nicht. Ich sehe eine Frau, die eine Art Nikolausmütze trägt, nur dass die gelb ist und einen schwarzen Bommel hat. Diese Mütze ist der einzige Farbtupfer an dieser Frau, die mit missmutigem Gesicht dem Regen zu entfliehen versucht, indem sie die nächste Bar ansteuert. Ich will da nicht rein, ich bleibe draußen an der frischen Luft und laufe meine Charentois-Runde, in aller Ruhe, eins mit mir und dem Wetter, entspannt, gleichmäßig atmend. Nur sieben Kilometer sind das, aber es reicht mir, morgen darf ich wieder laufen, vielleicht regnet es dann wieder. Als ich daheim ankomme, bin ich tropfnass bis auf die Haut und freue mich auf meine Dusche, und anschließend auf meinen Tee und mein Müsli. Das Frühstück ist eindeutig meine liebste Mahlzeit des Tages, umso mehr, wenn ich davor schon gelaufen und frisch geduscht bin. Der erste Schluck von meinem Tee ist immer der beste - original english tea bags, mit denen ich mich bei jedem meiner England-Aufenthalte eindecke, damit sie mir ja nie ausgehen, das wäre tragisch, kein anderer Tee kann jemals so lecker sein. Dazu frische Milch, es ist ein Genuss. In mein Müsli schnippele ich mir momentan immer eine frische, saftige Orange, ein paar Kokosflocken darüber, und ebenfalls frische Milch - kann das Wochenende schöner anfangen? Nur mein Charly fehlt mir zu meinem Glück, aber in zehn Tagen habe ich ihn wieder. Dann kann ich ihm wieder seinen Kaffee kochen und ihn mit lieben Küssen wecken, er setzt sich an den Tisch, noch etwas verschlafen, und ich gieße das kochende Wasser in seine Tasse mit dem löslichen Kaffee. Er nimmt es mir auch nie übel, dass ich die Kaffeetasse dann so weit wie möglich von mir wegschiebe, da sich der Kaffeegeruch nicht mit dem subtilen Duft meines englischen Tees verträgt...... ;-)
Ich freu mich auf dich, mein Hase xx