Samstag, 14. Oktober 2006

Skurril

Nur 200 Meter vom Büro entfernt habe ich eine Obsthändlerin entdeckt, die a) supersympathisch ist und b) sehr gutes Obst verkauft. In einer Art Scheune, in der man sich nicht zu husten traut, weil sie sonst zusammenfallen könnte, aber das trägt nur noch zum Charme der ganzen Einrichtung bei.
Und so statte ich jetzt in fast jeder Mittagspause dieser Dame einen Besuch ab, im Moment gibt es supersaftige und superleckere Clementinen bei ihr, und sie freut sich über eine neue Stammkundin.
So wurde ich am Donnerstag Zeugin einer etwas absonderlichen Szene, über die ich jetzt noch grinsen muß. Vor mir war gerade eine alte Dame beim Obst- und Gemüsekaufen. Ich schätzte sie von ihrer gebrechlichen Haltung und von der Art, wie sie sich auf ihre Gehhilfe stützte, auf Mitte 80. Sie erinnerte mich an meine Oma in ihren letzten Tagen und so konnte sie sich meiner Sympathie sofort sicher sein. So wartete ich geduldig, bis sie ihre ganzen Obst- und Gemüsebedürfnisse zusammenhatte, lächelte sie immer wieder freundlich an und wunderte mich, wie sie diese ganzen schweren Sachen wohl heimtransportieren würde. Sie machte eindeutig Großeinkauf, und die Obsthändlerin ging zwischendurch immer mal wieder nach draußen, um ihre Einkäufe hinauszutragen - vor die Tür ? Oder wohin ? Wartete da draußen jemand auf sie ? Hatte die Dame da draußen eine rollbare Tragehilfe, mit der sie ihre Einkäufe heimtransportieren wollte ? Aber wie denn bloß, konnte sie doch kaum selber aufrecht stehen ? Sie wirkte so gebrechlich und ich machte mir ernsthafte Sorgen um sie, und ich überlegte mir schon, ob ihr ihr meine Hilfe anbieten sollte. Nun hatte sie endlich ihre Siebensachen beisammen und es ging ans Bezahlen. Das dauerte natürlich auch wieder eine Weile, bis sie mit zitternden Händen ihre einzelnen Cents aus ihrem Portemonnaie geklaubt hatte, das wie ein Relikt aus den 30er Jahren aussah. Die Dame rührte mich immer mehr in ihrer Hilflosigkeit. Daß ich mich in diesem Punkt gewaltig täuschte, sollte ich gleich erfahren. Zuerst einmal kaufte ich meine Clementinen, während Omi sich schleppend und im Zeitlupentempo auf den Weg nach draußen machte. Als ich fertig war und mich zum Gehen aufmachte, nachdem ich meiner freundlichen Obsthändlerin noch einen schönen Tag gewünscht hatte, trat ich vor die Tür, und blieb erst einmal wie vom Blitz getroffen stehen - ich sah nur noch, wie meine Omi, um die ich mir solche Sorgen gemacht hatte, ihre Krücke auf den Rücksitz ihres Austin Minis warf, sich auf den Fahrersitz setzte, die Tür mit Elan zuwarf, den Motor anließ - mit ordentlich wrumm wrumm, so wie es sich gehört (und so wie sich der Motor anhörte, hatte dieser Mini mindestens 80 PS) - und dann losfuhr, daß die Reifen quietschten. Das ist kein Witz, die Reifen quietschten wirklich, und ich konnte nur noch grinsend der Staubwolke nachsehen, die von meiner gebrechlichen alten Dame übrigblieb, und hoffen, daß sie mit diesem Kamikaze-Fahrstil keinen gebrechlichen alten Opa über den Haufen fahren würde..... :)))

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Super, ich schmeiß mich weg :)))
Ich versuch mir das gerade vorzustellen.
Da müssen wir unbedingt nächste Woche gucken, ob sie vielleicht wieder vorbei kommt. Das will ich sehn.
Wrumm Wrumm Quiiiieeeettsschhh :)))

Anonym hat gesagt…

Hallo - Du hast wieder mal so schön geschrieben - spannend, witzig, zum Niederknien!
Mama

Anonym hat gesagt…

Hallo Kerstin

Na die Geschichte hat ja schon was, ich krümm mich vor lachen. Aber wied du das noch rüber bringst, das ist das Tüpfelchen auf dem i !!

Freue mich schon auf die nächsten Lebensberichte :o))

Gruss Walti

runningred hat gesagt…

Klasse Story! Und Du bist sicher, dass keine versteckte Kamera in der Nähe war.... ;-))