Sonntag, 18. November 2007

Projekt "Mein langsamster Halbmarathon": Beaune 2007

Als ich gegen Mittag in Beaune ankomme, hat es ca. 3° plus und die Sonne scheint wie wild vom strahlend blauen Himmel. Das verspricht herrliches Laufwetter zu werden, und ich entscheide mich für meine Dreiviertelhose - ich bin ja schließlich Charlys Hase, und bei Charly wird die lange Hose erst ab minus 20° herausgezogen, da kann ich doch bei Plusgraden noch keine langen Hosen anziehen. Die Wahl stellt sich als goldrichtig heraus, mir ist beim Laufen angenehm warm, trotz kaltem Gegenwind.
Start ist um 14 Uhr, ich stelle mich ganz hinten auf, habe ich doch den Vorsatz, dass das heute der langsamste aller meiner Halbmarathons werden soll. Viele Fotos will ich schießen, ich halte meinen Fotoapparat fest in der Hand, als mir mit Schrecken einfällt, dass ich etwas ganz Wichtiges im Auto vergessen habe - die Ersatzbatterien. Ich habe absolut keine Ahnung, wie lange die aktuellen Batterien noch halten, und schicke ein Stoßgebet los, dass sie nicht schon nach drei Fotos den Geist aufgeben - das wäre angesichts meines Vorhabens wirklich zu ärgerlich.

Nun, das war nicht der Fall, ich möchte aber dennoch gleich vorausschicken, dass ich von der Ausbeute meiner Fotos trotzdem etwas enttäuscht bin, denn erstens waren die extremen Lichtverhältnisse sehr schwierig, und zweitens war die Streckenführung fast eine komplett andere als die vor drei Jahren. Die Strecke wurde in der Zwischenzeit geändert, da es vor drei Jahren noch ein 22-km-Lauf war, der mittlerweile zu einem richtigen Halbmarathon von 21,1 km verkürzt wurde - da musste eben eine andere Strecke her. Ein "richtiger" Halbmarathon zieht einfach wesentlich mehr Leute an als ein 22-km-Lauf, und das fällt mir in der Tat auf, als ich am Start stehe, es sind fast 3000 Leute anwesend. Unter anderem auch das Team "Escargot 21", escargot heißt Schnecke, wie passend für einen bergigen Lauf im Burgund!



Der Startschuss fällt und wir traben langsam los. Es geht erst ein Stück durch das schöne Beaune.





Das Gedränge ist ziemlich groß, aber richtig eng wird es erst, als wir von der normal breiten Straße in einen wesentlich engeren Weg in die Weinberge einschlagen - Stau. Richtig Stau, es ist so, wie wenn es auf der Autobahn auf einmal einspurig wird, es ist einfach nicht genug Platz für die vielen Läufer, und ich stehe und warte, bis ich wieder laufen darf. Ich bin aber absolut gelassen, schließlich passt das doch hervorragend zu meinem Vorhaben - langsamster HM und so, ihr wisst schon.
Ganz langsam entzerrt es sich dann etwas, aber es bleibt eng.



Schon von hier aus haben wir einen Ausblick auf die weitere Strecke und können uns darauf vorbereiten, dass es hügelig wird.



Ich komme in die erste Ortschaft - eines der renommiertesten Weindörfer der Côte de Beaune:



Hier kommt auch die erste Verpflegungsstelle, und Pommard macht seinem Ruf alle Ehre. Ich muss einfach grinsen, als ich diese "Verpflegung" sehe.



Aber es gibt durchaus auch Wasser, Obst, Trockenobst und Lebkuchen, so wie ich das gewohnt bin. Auch wenn man in der Gegend hier die feste Meinung vertritt, Wasser schade der Gesundheit.
Eine Bemerkung zu den Zuschauern - ich kann es kaum fassen, wie teilnahmslos und abgestumpft die zahlreichen Zuschauer am Wegesrand stehen. Natürlich war die Stimmung beim Marathon im Elsass etwas ganz Besonderes, so etwas Herzliches wie dort habe ich noch nie bei einer Laufveranstaltung erlebt, aber hier um Beaune herum treffe ich wirklich auf den krassesten Gegensatz dazu. Die Zuschauer stehen da und gucken. Und sonst nichts. Keine Anfeuerungen, kein "bravo", kein Klatschen, nur stumme Blicke. Nicht mal ein müdes "allez allez" ist ihnen zu entlocken. Fast möchte ich mich bei ihnen entschuldigen, dass wir hier durch ihre geheiligten Weinberge rennen. Kurios. Umso mehr freue ich mich nun wieder auf den nächsten Elsass-Marathon im Juni!



Nach neun Kilometern schaue ich auf die Uhr und stelle fest, dass ich für die neun Kilometer genau 55 Minuten gebraucht habe, und das trotz zahlreicher Fotos, die ich schon geschossen habe. Tses, so wird das aber nichts mit meinem neuen Langsamrekord. Aber die Zeichen stehen gut, denn jetzt komme ich nach Meursault, wo es viel zu schauen und zu fotografieren gibt.

Ich laufe in den Park von Meursault hinein.



Ein paar Mönche aus Belfort laufen auch mit und lassen sich fotografieren.



Das Eingangstor vom Park.



Noch mehr Bilder vom Park und dem dazugehörigen Schloss:







Bei vielen meiner Fotos ärgern mich die überall parkenden Autos, die einfach immer das ganze Gesamtbild verhunzen *grmpf*:



Eine Band spielt auch im Park. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, leider können sie alleine auch nichts gegen die fehlende Stimmung ausrichten. Ich finde sie toll und applaudiere ihnen ordentlich, und ich bleibe eine Weile stehen und höre ihnen zu.



(Die Lichtverhältnisse waren wirklich alles andere als einfach zum Fotografieren, ich bitte dies zu entschuldigen.)

Hier diese nette Hartz-IV-Bruchbude noch einmal von vorne:



Und noch weitere Fotos von Meursault:











Wenn man wirklich will, kann man sich bei diesem Halbmarathon hoffnungslos betrinken:



Als es wieder aus Meursault herausgeht, kommt gerade das Kilometerschild 10, ich schaue auf meine Uhr und freue mich. Na also - geht doch - ich habe für diesen letzten Kilometer über zehn Minuten gebraucht! Ich komme meinem Ziel wieder näher ;-)

Also weiterfotografieren, was das Zeug hält:







Ein Läufer, der mich immer wieder überholt, wenn ich zum Fotografieren stehenbleibe, und an dem ich regelmäßig wieder vorbeiziehe, wenn ich wieder anlaufe, spricht mich an. "Wie machst du das nur? Immer wieder stehenbleiben und wieder anlaufen, das ist doch so anstrengend..." Stimmt, das hätte ich bis vor kurzem auch noch gedacht. Aber es ist echt ok, es macht mir nichts aus.



Und dann passiert das Unvermeidliche. Nach 14 km komme ich in der nächsten Ortschaft an, die eine meiner liebsten ist:



Und ich lese mit Entsetzen auf meinem Bildschirm, "Bitte wechseln Sie die Batterien". Der blöde Fotoapparat hat gut reden. Wie soll ich denn bitteschön die Batterien wechseln, wenn ich keine Ersatzbatterien dabeihabe? Geht doch nicht. Och Mönsch. Ich trauere den Motiven nach, die mir von nun an durch die Lappen gehen, aber es ist nichts zu machen, die Batterien sind leer. Was nun? Was tun, wenn ich nicht mehr fotografieren kann? Ich finde schnell eine Ersatzlösung - ich werde einfach einen Zahn zulegen, jetzt, wo ich nichts mehr anderes zu tun habe!
Gedacht, getan. Ich beschleunige. Da geht noch was, bisher habe ich mich ja nur ausgeruht. Und das Beschleunigen beinhaltet natürlich auch, dass ich jetzt nur noch am Überholen bin. Das macht schon Spaß und motiviert - ich bin ja die ganze Zeit ganz im hinteren Teil gelaufen, und jetzt merke ich, dass ich noch mächtig Luft habe, und ziehe nur so an den anderen Läufern vorbei. Gelegentlich kommt auch ein verwunderter Kommentar, "wo kommt die denn auf einmal her?", und das motiviert mich natürlich noch weiter. Leider bleibt es nicht beim Breezen, denn ab Kilometer 16 kommt sie, die Wand. Jetzt geht es richtig steil nach oben. Richtig ordentlich steil. Ich nehme einen Gang raus und laufe langsamer weiter, bin aber trotzdem weiter am Überholen, weil die meisten hier am Gehen sind. (Ihr seids wohl keine Semurer, was?) Ich bin meinem geliebten Semur richtig dankbar, dass es mich so hügelfest gemacht hat. Ab Kilometer 19 geht es dann wieder bergab, und ich gebe nochmal alles. Jetzt bin ich wirklich gespannt, was das wohl heute für eine Zeit geben mag. Und ich bin wirklich überrascht - als ich durchs Ziel laufe, sagt meine Uhr 2 Stunden, 12 Minuten. War es also doch nichts mit dem langsamsten aller meiner Halbmarathons, denn das war mein erster, 2004 in Freiburg, und da hatte ich eine Zeit von 2:13.
Knapp verfehlt!
Ist nicht schlimm. Ich bin sogar einigermaßen stolz auf diese Zeit. Angesichts des bergigen Profils und der vielen vielen Fotopausen ist das doch gar nicht so schlecht.

Und hier zeige ich euch noch, was jeder Finisher bekommen hat - Überraschung, Überraschung:

23 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da ist er ja schon, Dein Bericht! *freu* Ich wollte schon gerade meine Laufsachen anziehen, dachte, versuch's nochmal, klick mal bei Hase vorbei...und siehe, da ist er, der zwar nicht langsame, dafür aber bilderreiche Halbmarathon!
Schade, das mit der Batterie, aber Du hast wirklich das Beste aus der Situation gemacht!
Und wann erholst Du Dich endlich mal? Du machst mir allmählich Angst, Du bist gar kein Mensch, sondern womöglich wirklich ein Hase! ;-)
Dankeschön für den Fotobericht und herzliches Beileid, dass es nun doch nicht der langsamste HM geworden ist! :-)
Liebe Grüße von
Manu

Anonym hat gesagt…

Mein Hase, da hast aber wieder einen schönen Bericht hingelegt. Und stellenweise so superlustig geschrieben :D
Wasser schadet der Gesundheit *wegschmeiß* :)
Schöööön.
Ich finds ja soooooo ewig schade, dass der HM nicht eine Woche früher war, dann hätten wir zusammen den schönen Lauf machen können, ich hätt dir auch die Batterien getragen. :D
Und die Bilder sind doch wunderschön geworden, wenn du sagst, das war diesmal net so schön, wie wars dann letztes mal? Kurios :)
Und ne Boutaille gabs auch noch dazu. Wat sind wir überrascht :D
Schön, echt schön und ich verpass sowas. Heul.
Ich finds ja großartig, dass du gelernt hast stehen zu bleiben und nicht mehr auf der Stelle hoppelst. Da würden ja auch die Bilder verwackeln, gell?
Sagte ich schon schöön?
Schöööön

Anonym hat gesagt…

Die Photos sind doch schön, Hase!

Also bei diesem Finisher-Preis wäre ich wohl auch mitgelaufen. ;)

Hase hat gesagt…

Danke für dein aufrichtiges Beileid, Manu! ;-)

Charly - knuuuuutsch - what more could I say?
Aber ich hab das fei schon oft hier gehört, ehrlich und echt wahr. Du musst Wein trinken. Wasser ist extrem schädlich für die Gesundheit *lehrer* ;-)

Marcus, na jetzt weiß ich, was es braucht, um dich zu einem Wettkampf zu motivieren, endlich!! ;-)

Kerstin hat gesagt…

Meine Hochachtung, einen Halbmarathon wirklich langsam laufen zu koennen! Da gehoert echt was zu und ich gebe zu, ich haette das nicht geschafft.
Klasse! Herzlichen Glueckwunsch!
Tolle Bilder!
In Beaune war ich auch schon mal. Die ganze Gegend ist wunderschoen.

Blumenmond hat gesagt…

Schöner Bericht, schöne Fotos und sicherlich ein schönes Erlebnis, dann doch noch an so vielen vorbeizuziehen - jede Situation hat doch ihr Gutes.

michi hat gesagt…

Diese Häuser sind so schnuckelig! Schöne Landschaft und ein genauso schöner Bericht, auch wenn es nicht der langsamste HM war ;-)

Anonym hat gesagt…

Super Hase, haste jut jemacht.
und den wein habt ihr euch alle verdient.PROST!!!
liebe grüße flottemotte

Anonym hat gesagt…

Och! :P

Kann auch ruhig ein weißer Vino sein. :D

Anonym hat gesagt…

Chère Mademoiselle 'ase :-)

Ta photos sont superbe! et tu couris (?) très rapide.

(du siehst: ich übe schon fleißig - Fehler bitte immer korrigieren. Macht ja sonst keiner ;)

Also wirklich: bei so einer (übrigens ganz und gar wunderschönen) schwierigen Strecke massig tollee Fotos machen und dann noch so flott sein: alle Achtung. Ich bin beeindruckt ... und auf diese schönen Läufe, die es da bei dir gibt, auch ein bisschen neidisch ... *schnief*

Anonym hat gesagt…

Cher lapin,

mais tes photos sont vraiment tres jolies, je les adore et j'adore la France, un pays si joli, je suis meme un peux jalouse, mais.........

Qu'elle bonne journée !!


Merci que tu nous as laissé participer !!

Anonym hat gesagt…

war das wieder ein richtig spannender Bericht, Kerstin. Habe direkt ein bißchen Heimweh gekriegt nach der schönen Gegend.........
Aber - es ist schon witzig, du könntest offenbar schon gar nicht mehr langsam laufen, selbst wenn du wolltest, gell?
Viele Bussis
Mama

Trudy hat gesagt…

Waas????????? So sieht das aus, wenn ein Marathon durchgelaufen ist, wie in der Allee bei Meursault mit diesen Bechern?? Littering!
Herrlich, dein gemütlicher Lauf mit den schönen Fotos! Sehr interessant.
Gratulation zum Spitzenresultat.
LG, Trudy

Und ja, das Elsass ist immer eine Reise wert.
Schade, zuviel geschmust, zuwenig fotografiert!
:-)))))

Kerstin hat gesagt…

Was sollen die denn mit ihren Bechern sonst machen? Selbst wenn Muelleimer aufgestellt werden, ist es doch oft schwierig die zu treffen und nimmt zuviel Zeit in Anspruch. Ich lasse meinen Becher bei einem auch ohne schlechtes Gewissen einfach fallen wenn ich fertig getrunken und mir den Rest ueber den Kopf gegossen habe...
Wuerde ich natuerlich sonst niemals machen, aber bei so einem Lauf ist das was anderes.

Anonym hat gesagt…

Wie sagte Obelix ganz enttäuscht, als er seine angeblich nachlassende Zauberkraft an einem Baum demonstrieren wollte: "Selbst wenn ich so tue, als ob ich es nicht könnte, reiß ich den Baum aus."
So kommt mir das mittlerweile bei Dir vor. Du läufst immer schneller als Du willst, weil Du von Geburt an irgendwelche Zauberkräfte in Dir hast. :-)
Wo bleibt denn da der Wettkampfgedanke, wenn man immer stehen bleibt und (zugegeben schöne) Fotos macht? ;-)

Viele Grüße
Uli

Hase hat gesagt…

Aber Uli, ich dachte, ich hätte das hinreichend klargestellt, dass mir der "Wettkampfgedanke" in diesem konkreten Fall total am Bobbes vorbeigegangen ist :)))

Ines hat gesagt…

hallo kerstin-

ein sehr schöner bericht und die gegend ist ein traum!!!
muss schön gewesen sein, da zu laufen...

ein dickes kompliment an deinen blog- der sieht richtig klasse aus mit dem bild oben und dem rosa (klaaar :-) ).

liebe grüsse- athena

Jörg hat gesagt…

Lauf doch öfter mal langsam, da hat man neben dem Bericht noch die schönen Fotos.

Jörg

GRAS.GRUEN hat gesagt…

Na - hat ja fast geklappt mit dem langsam laufen .. das ist eh relativ ;-))). schöne bilder - allerdings wie du sagst - irgendwie alle ein bisserl düüüüster.... aber is ja auch härbst ;-))

Anonym hat gesagt…

Hey, Du bist ja ein richtiger
Dauerlaufhase!

danke, der Bericht liest sich wirklich anregend und die Fotos...
Ist das eine geile Gegend, da glaube ich gern,dass dir das Laufen dort Spaß macht.
es muss ja nicht immer gleich eine neue Bestzeit sein...

Kathrin hat gesagt…

So ein wunderschöner Bericht Hasi, so ganz anders als meiner vom letzten Wochenende. Und auf den Bildern (die sowieso schon allesamt Klasse sind) lukt auch noch die Sonne durch. Welch ein Traum. Du wirst diesen Lauf nächstes Jahr noch einmal laufen müssen, wegen der fehlenden Bilder. Ist Dir doch klar wa?

Brownie hat gesagt…

Schöne Fotos, endlich mal wieder blauer Himmel (der fehlt mir hier gerade ein wenig).
Und überhaupt wollte ich mal einen lieben Gruß dalassen (bin eine ganze Weile nicht dazu gekommen bei dir reinzuschauen).
Das Juni-Laufprojekt hört sich auch klasse an, aber das ist eigentlich genau mein Geburtstags-Feier-Wochenende...

Anonym hat gesagt…

Das sieht ja nach Medoc aus...
Oha...wenn ich mich dran erinnere, wie heiß das war....da kommen mir die kühlen Bilder aus den Weinfeldern gerade recht ;-)