Sonntag, 21. Oktober 2007

Ein schönes, kaltes, sonniges, windiges Wochenende

Samstag:
Ich stehe morgens bei klirrendem Frost auf, mache das Fenster zu und freue mich über den blauen Himmel und den sonnigen Tag, der sich da ankündigt. Spontan beschließe ich, einen Ausflug nach Dijon zu machen, um dort einerseits ein bisschen shoppen zu gehen (mein Süßer wird schließlich in zwei Wochen 40 Jahre alt - er sieht aber keinen Tag älter aus als 31!) und um andererseits den Radweg, der da so schön am Canal de Bourgogne entlanglaufen soll, mit meinen Inlinern auszuprobieren.
Als ich um elf Uhr in Dijon ankomme, strahlt die Sonne von einem leuchtend blauen Himmel, aber es ist immer noch so kalt, dass ich beim Schlendern durch die Stadt richtig fröstele und zittere. Also schleunigst in die Läden rein und Geld ausgeben!
Gegen 15 Uhr parke ich mein Auto in Plombières-lès-Dijon direkt neben dem Kanal, schnalle meine Inliner mitsamt der Schutzausrüstung an und rolle auf den Radweg zu. Ich bin sofort begeistert. Dieser Radweg ist der Himmel auf Erden für Inline-Skater. Herrlich glatter Asphalt, immer direkt am Kanal in einer wunderschönen goldgelben Herbstkulisse entlang. Ich skate immer schneller, es macht mir einfach nur Riesenspaß. Es rollt wie von selbst und ich habe den Eindruck, dass ich fliege, ich bin absolut euphorisch, das muss das Inline-Skater's High sein. Das ist so ein schöner Ausgleichsport zum Laufen! Die Bewegung ist eine ähnliche, und doch ist es eine völlig andere Belastung. Ich weiß, dass dieser asphaltierte Teil des Radwegs (leider, leider) irgendwann aufhört, und ich habe mir natürlich in den Kopf gesetzt, bis zu seinem Ende zu kommen. Ich will das Ende mit meinen eigenen Augen sehen, sonst glaube ich es nicht. Und so skate ich knappe 15 Kilometer in eine Richtung, der Weg ist dann auf einmal geschottert, und schweren Herzens drehe ich um und mache mich auf den Rückweg. Und da wird mir mit einem Schlag klar, warum es so leicht und wie von selbst lief. Ich habe auf einmal total starken Gegenwind! Und das ist beim Skaten ja noch fieser als beim Laufen. Da man viel mehr Geschwindigkeit draufhat, fällt natürlich auch der Gegenwind viel mehr ins Gewicht, und ich mühe und kämpfe mich ab und habe das Gefühl, ich komme überhaupt nicht mehr vom Fleck. Puh, das ist Arbeit. So brauche ich für den Rückweg auch gute zehn Minuten länger als für den Hinweg, und als ich wieder beim Auto ankomme, reicht es mir dann aber auch. Knappe 30 Kilometer waren das !
Wann und wo gibt es eigentlich Inliner-Marathons?

Sonntag:
Ich stehe morgens bei klirrendem Frost auf, mache das Fenster zu und freue mich über den blauen Himmel und den sonnigen Tag, der sich da ankündigt. Ich halte mich ja nun wirklich für einen abgehärteten Hasen (die Heizung habe ich bis jetzt im Hasenstall noch nicht angemacht), aber ich gehe dann vielleicht doch etwas zu weit, als ich - bei Frost, überall ist Rauhreif, als ich rausgehe!! - in kurzer Hose zum Bäcker und auf den Markt gehe. Nee, Hase, das war keine Glanzleistung, ich gebe es offen zu, und kalt war mir auch. Bissi blaue Knie habe ich bekommen, und die Leute haben mich auch einigermaßen komisch angeschaut, mit ihren Mützen und Handschuhen. So schnell war ich noch nie vom Markt wieder daheim, und ich hab mich auf dem Heimweg an meinem noch ofenwarmen Baguette gewärmt.
Am Nachmittag gehe ich dann laufen. 20 km habe ich mir vorgenommen, und das auf meiner Lieblingsrunde über Flée und Montigny-sur-Armançon. Lustigerweise ist mein Lauf eine einzige Wiederholung meiner Inliner-Tour von gestern: die ersten 10 Kilometer läuft es super und wie von selbst, mir wird warm und ich genieße den blauen Himmel und den sonnigen Herbstwald auf dem Weg nach Flée. Und als ich dann in Flée die Richtung ändern muss, schlägt mir wieder dieser fiese, eiskalte Gegenwind entgegen, der mir jeden Schritt zur Qual macht und mich einfach nicht vorwärts kommen lässt. Dieser Wind fällt einem immer so dermaßen überhaupt nicht auf, wenn man ihn im Rücken hat, das ist das Gemeine daran!
Im Hasenstall gab es dann eine heiße Dusche (eiskalt abgebraust wird immer erst am Ende der Dusche) und eine herrlich heiße Trostsuppe aus Kartoffeln, Karotten und Lauch.
Aber die Heizung, die hab ich immer noch nicht angemacht :)))

Sonntag, 14. Oktober 2007

Mein 3. und schönster Semur-Halbmarathon

Hach, was ist das Leben schön. Hach, was geht's mir gut. Hach, was bin ich einfach nur happy.

Vor einer Woche war ich mir noch nicht sicher, ob ich ihn mitlaufen würde, den Halbmarathon von Semur, der jedes Jahr im Oktober stattfindet. Schließlich ist der Berlin-Marathon ja gerade mal zwei Wochen her. Aber jeder Tag, der verstreicht und an dem es mir gut geht, lässt mich ein bisschen sicherer werden - klar lauf ich ihn mit, meinen Semur-Halbmarathon. Geht doch nicht, dass ich einen HM vor der Haustüre hab und den nicht mitlaufe. Ich werd ihn halt gemütlich laufen, aber dabeisein will ich. Außerdem habe ich schon zwei Weingläser aus den beiden vergangenen Jahren in meinem Regal stehen, und das von 2007 darf in der Sammlung auf keinen Fall fehlen.
Gestern abend mache ich dann eine einigermaßen erstaunliche Feststellung: ich bin aufgeregt. Häh? Was'n nu los? Vor dem Berlin-Marathon nicht die Spur nervös sein, und vor einem popeligen Halben (mein 8. insgesamt) bin ich aufgeregt? Nun, ich nehme es einfach so hin, wie es ist, vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen. Wie auch immer, ich werde ihn gemütlich laufen, einfach nur zur Freude und für mich selbst.
Um zehn ist der Start, um neun Uhr gehe ich zur Startnummernausgabe und stelle fest, dass an dem Tisch, an dem die Startnummern für den 9,4-Kilometer-Lauf ausgegeben werden, eine richtig lange Schlange ist, und dass an dem Tisch für die Halbmarathonis kein Mensch ansteht. So glei. Ich steuere also auf den Monsieur zu und sage ihm meinen Namen. Er sieht mich freundlich an und sagt, "hier gibt es nur die Startnummern für die 21 Kilometer. Die 9,4 Kilometer sind da drüben." Ich bin perplex. "Aber ich laufe doch die 21 Kilometer, deswegen bin ich hier!" - "Sind Sie sicher?" - "Ja, ich bin sicher!!" (Also sowas!! Frechheit! Und das einem Marathon-Hasen!) Er schaut in seiner Liste nach und findet (natürlich) meinen Namen. Ich mache mir über diesen Vorfall keine weiteren Gedanken und mische mich unter die Menge, wo ich meinen Arbeitskollegen treffe, der die 9,4 km heute "ganz gemütlich" in 36-38 Minuten laufen will, wie er sagt. Ja, scho recht. Seine Freundin ist so nett und bewahrt mein langärmeliges Shirt für mich auf, das ich trotz Fröstelns beschließe auszuziehen - auch wenn ich gemütlich laufen werde, so weiß ich doch, dass mir warm werden wird.
Der Start ist für Halbmarathonis und 9,4-km-Läufer gleichzeitig, und so reihe ich mich ein in den Pulk und stelle mich ganz hinten hin, ich sehe fast nur 9,4-Startnummern um mich herum und habe keinerlei Lust, gleich von denen überrannt zu werden. Peng, es geht los, ich laufe, ich laufe inmitten lauter 9,4-Kilometer-Leuten, und es fühlt sich gut an. Öhm, "gemütlich" ist dieses Tempo aber nicht unbedingt, Hase. Na ja, mal sehen, das können wir ja später noch korrigieren. Bei Kilometer 2 ist das erste Kilometerschild, ich schaue auf die Uhr und kriege einen Schreck. Öhm. Moment mal. Hase, so geht das nicht, du bist viel zu schnell. Ich bin die ersten zwei Kilometer in exakt 10 Minuten gelaufen!! Das ist ein Halbmarathon und kein 5-Kilometer-Rennen! Aber ich mache nicht wirklich langsamer. Das können wir ja später immer noch sehen.
Was mich sehr amüsiert: ich laufe diesen Halbmarathon nun bereits zum drittenmal mit, ich kenne jeden Meter, den ich ablaufe, und doch bin ich absolut nicht imstande, mir die Streckenführung für die ersten 10 Kilometer zu merken. Es geht kreuz und quer durch Semur, immer wieder andere Schleifen laufen wir, mir wird ganz schwindlig und ich bin den Ordnern sehr dankbar, dass sie uns sagen, wo wir hinlaufen müssen. Zweimal laufen wir durch die Fußgängerzone, beide Male aus entgegengesetzten Richtungen kommend, und ich sage nur Kopfsteinpflaster. Aufpassen, nicht umknicken mit den Pfoten! Als ich bei meinem Bäcker vorbeikomme, freue ich mich, denn da steht meine Freundin Audrey, mit ihrer süßen kleinen Orane, und sie winken mir beide zu. Sie ruft mir noch nach, "tu as l'air fraîche comme une rose!" (Du siehst frisch wie eine Rose aus!), und schon bin ich weg. Jetzt geht es den Berg hinter unserer Pizzeria hinunter, und ich sage jetzt wirklich ganz insistent HOLPRIGSTES KOPFSTEINPFLASTER - pass auf deine Knöchel auf, Hase, denn dieses Kopfsteinpflaster ist wirklich noch original aus dem Mittelalter, mindestens. Bei km 5 bin ich bei 27 Minuten, ich finde mich eigentlich immer noch viel zu schnell und vergesse auch nicht, dass ich noch 16 Kilometer vor mir habe, aber was soll's. Ich sage auch ganz ohne Schadenfreude, dass es Spaß macht, eine ganze Reihe von 9,4-Läufern zu überholen.... und ich denke an letztes Jahr, wo es mir nicht gut ging, und ich fange an, dieses Rennen richtig zu genießen. Ich nehme mir vor, zumindest meine Zeit vom letzten Jahr zu verbessern, da bin ich 2:10 gelaufen.
Die Zeit von 2005 kommt mir absolut utopisch vor - da habe ich es in 2:03 geschafft, und der Semur-HM ist alles andere als flach, da sind ein paar richtig schöne ordentliche Berge drin.
Also, irgendwas unter 2:10 wäre schön.
Ich freue mich mittlerweile des Lebens, es geht jetzt den Berg an der Stadtmauer entlang hinunter zum Flüsschen Armançon, und aus irgendeinem Lautsprecher schallt in voller Dröhnung die italienische Version von Ti Amo. Schlager sind beim Laufen gar nicht mal das Schlechteste, stelle ich fest, und grinse mir eins. Ich bin eigentlich ständig am Grinsen, bedanke mich bei allen Zuschauern, die mich anfeuern, und bei allen Ordnern, die mir so nett den Weg zeigen. Ich laufe am Armançon entlang und weiß, dass sie jetzt gleich kommt - die berühmt-berüchtigte Ruelle Trémy. Das ist eine richtige Semurer Wand, eine Straße, die so steil ansteigt: / Ich übertreibe nicht. Und wie jedes Jahr befinden sich hier die meisten Zuschauer - die Leute sind im Grunde ihres Herzens einfach Sadisten, oder nicht? Ich überhole einige, die hier am Gehen sind (ihr seids wohl keine Semurer, was?), keuche dann nicht schlecht, als ich oben ankomme, laufe an meinem Hasenstall vorbei, bin überhaupt nicht versucht, einfach heimzugehen, und laufe zum ersten Mal durchs Ziel - die 9,4 km sind schon mal geschafft. Ich muss über ein kleines Mädchen lachen, das mir den Daumen nach oben zeigt und sagt, "allez, plus qu'une petite boucle!" (Los, nur noch eine kleine Runde!) Na die wird es wissen! Mein Arbeitskollege ist natürlich schon lange da und feuert mich an, und ich sage zu ihm, "ich bin viel zu schnell, ich kann das Tempo auf keinen Fall halten." Er sagt nur, red nicht, lauf, na gut, und dann passiere ich die 10-km-Marke. Ich schaue auf die Uhr - 57 Minuten. Spätestens jetzt wird mir klar, dass das heute mit dem "gemütlichen HM" wohl nicht wirklich hinhaut. Und nun ist das Durchstreifen von Semur beendet, wir laufen aus Semur raus, auf die altbekannte St-Euphrône-Runde, die ich auch blind laufen könnte, so gut kenne ich sie. Zuerst geht es in Richtung Lac de Pont, und hier ist der nächste Berg. Es geht fast einen Kilometer lang steil bergauf, und ich überhole zwei Läufer (ihr seids wohl keine Semurer, was?). Jetzt haben wir Gegenwind, aber richtig. Oben an der Kuppe nutze ich eiskalt einen Läufer aus, der direkt vor mir in meinem Tempo läuft und mir bergab wunderbar Windschatten spendet. Als wir unten ankommen und der Wind weniger wird, überhole ich ihn und bedanke mich für seine Hilfe. Böse - aber er lächelt mich an und sagt, kein Problem. Jetzt geht es nach links weg in Richtung Pont-et-Massène, und es geht wieder steil bergauf. Ich ermutige mich selbst, indem ich mir sage, dass mir das nichts ausmacht, weil ich das doch alles kenne. Und das hilft wirklich. Es läuft einfach. Ich laufe durch St. Euphrône, schaue bei km 15 wieder auf die Uhr - 1 Stunde 27. Ich freue mich, ich laufe wunderbar regelmäßig und nehme mir einfach vor, so weiterzulaufen. Und es geht. Bei Kilometer 17 fällt mir auf einmal auf, dass ich schon seit Beginn des Laufes das wunderschöne Lied "9 million bicycles" von Katie Melua im Kopf habe, und ich freue mich darüber, denn das ist Charlys und mein Lied, ein traumhaftes Liebeslied, und es entschädigt mich ein bisschen für die Tatsache, dass Charly auch beim 3. HM in Semur leider wieder nicht dabeisein konnte. Kilometer 18 ist in Villenotte, und ich nähere mich unaufhaltsam meiner geliebt-gehassten Allee, die mir auch heute wieder 269 Kilometer lang scheinen wird, mindestens, ich weiß es. Langsam fängt es an, wehzutun. Meine rechte Fußsohle brennt, und ich weiß, dass ich da ein paar ganz wunderbare Blasen finden werde. Wär ich doch gemütlich gelaufen. Oder? Nö, so ist es auch nicht schlecht. Leider kriege ich auf der Allee keine Endbeschleunigung hin, aber ich schaffe es, mein Tempo zu halten. Los, Hase, noch zwei Kilometer, lass nicht nach, ja, jetzt tut es weh, aber es ist gleich vorbei. Oh Mann, wie ich den letzten Kilometer eines HMs immer hasse - es tut einfach immer weh, hallo Kotzgrenze, NIE werde ich einen Marathon auf Zeit laufen, das schwöre ich mir in diesem Moment, und dann laufe ich durchs Ziel und schaue auf meine Uhr und könnte jodeln vor Freude.
Meine Uhr sagt 2 Stunden, 2 Minuten!! Ich habe meine Semur-Bestzeit von 2:03 tatsächlich verbessert! Das gibt mir einen solchen Kick, 2:02 bei diesem bergigen Profil ist wirklich nicht ohne, ich möchte hüpfen und freue mich und möchte meinem Charly um den Hals fallen und ihn mit Wimperntusche beschmieren. Ich denke an den Semur-HM vor einem Jahr, wo ich alles andere als gut drauf war und die 2:10 als einen einzigen Kampf empfunden habe, und dann sowas!
Ich freu mich, ich freu mich und ich bin stolz auf mich.

Noch für die Statistik: das war mein 8. Halbmarathon insgesamt, und von diesen acht HMs bin ich nur einen einzigen, nämlich den ersten, nicht im Burgund gelaufen - ich bin wohl halbmarathonmäßig eindeutig etwas burgundlastig.

Meine allgemeine HM-Bestzeit (also nicht aus Semur, sondern auf flacher Strecke) liegt bei 1 Stunde, 58 Minuten.
Aber da geht doch bestimmt auch noch was runter, oder? ;-)

Und das hier ist für Charly:
Mein Schatz, eines habe ich mir heute ganz fest geschworen. Nächstes Jahr - egal wo wir dann sind oder was auch immer dann ist - laufen wir den Semur-HM zusammen. Da nimmst du dir frei, egal wie. Am besten trägst du das gleich morgen ein in den Urlaubsplan. Das kann einfach nicht sein, dass du den nie mitläufst. Das ist nämlich der schönste aller Halbmarathons. OK?
There are six billion people in the world, more or less - but you're the one I love the most of all.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Wieder positiv

Und schon ist er wieder vorbei, der Urlaub. Wie schnell doch zwei Wochen vergehen können - ? Es ist erstaunlich. Nun bin ich wieder alleine in meinem französischen Hasenstall und muss wohl morgen wieder arbeiten - eh bien, c'est la vie.

Ich habe es tatsächlich durchgehalten, wie angekündigt, nach dem Marathon eine ganze Woche Laufpause zu machen. Und ich bin davon überzeugt, dass das dem Körper wirklich richtig guttut. Auch wenn man sich eigentlich schon nach zwei Tagen wieder laufbereit fühlt - ich bin mir sicher, diese ganze Woche freiwillige Regeneration hat mir sehr gutgetan. Meine Achillessehne habe ich schon seit Dienstag gar nicht mehr gespürt, und auch bei meinem heutigen Lauf hat sie sich nicht bemerkbar gemacht, was für mich so rein mental ein sehr beruhigendes Gefühl ist. Denn ich weiß jetzt, dass sie einfach mal wehtun kann, und das durchaus auch sehr heftig, und dass das dann genauso schnell wieder verschwinden kann, wie es gekommen ist. Wenn ich meine Achillessehne mal spüre, muss es eben nicht gezwungenermaßen bedeuten, dass ich monatelang daran herumlaborieren werde - das ist eine sehr wichtige und erfreuliche Erfahrung für einen hypochondrischen Hasen wie mich.

Und so hatte ich heute einen ganz wunderschönen, entspannten 10-Kilometer-Lauf bei herrlichstem Sonnenschein. Richtig warm war es. Ich wusste doch, dass der Sommer noch kommt. Und ich bin, wie schon letztes Jahr, mitten in den Semurer Duathlon reingelaufen, der jedes Jahr genau eine Woche vor dem Semurer Halbmarathon stattfindet. Langsam sollte ich es doch wissen - das ist mir jetzt schon zum drittenmal passiert. Ein Ordner rief mir nach, dass ich aber in die falsche Richtung laufe, und ich machte ihm klar, dass ich nicht zum Duathlon gehöre.

Jetzt will ich aber auch noch den wahren Grund aufdecken, warum ich diese ganze Woche Laufpause so brav durchgehalten habe. Das sieht mir nämlich so gar nicht ähnlich. Aber da gibt es etwas ganz Konkretes, was mir dabei sehr geholfen hat.
Ich habe nämlich eine Ersatzdroge gefunden.
Am letzten Donnerstag waren Charly und ich in Coburg und haben dort eine kleine Tour durch den Kaufhof gemacht, shoppen ist nämlich wichtig, wenn man sich erstmal mit einer guten Bratwurst gestärkt hat. Und irgendwie sind uns dort ein paar wunderschöne Inliner in meiner Größe aufgefallen, die von 180 Euro auf 60 Euro reduziert waren. Ich bin ja immer offen für Neues, und so probierte ich sie an und stolperte damit recht tollpatschig durch den Laden. (Kann man mit Rollerblades stolpern ?) Kurz und bündig - ich habe sie gekauft und am nächsten Tag mit Charly eingeweiht, der seine Inliner auch dabeihatte. Ich musste schon über mich grinsen - ich habe noch nie auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet, mir Rollerblades zu kaufen, und zack, war ich stolze Besitzerin eines ebensolchen Paares. Mei, hat mir das Spaß gemacht. Für eine blutige Anfängerin hab ich mich gar nicht so doof angestellt, finde ich - sonst hätte ich am ersten Tag auch kaum gleich 25 Kilometer zurückgelegt, nicht wahr?

Gestern habe ich auf der Rückfahrt nach Frankreich wie üblich in Freiburg Halt gemacht, und ich musste dort einfach das Inliner's Paradise ausnutzen, das ich als Läuferin schon so gut kennenlernen durfte, habe ich doch dort vor fast acht Jahren meine ersten zaghaften Laufschritte gemacht. Auf der einen Seite der Dreisam ist es nämlich viele Kilometer lang wunderbar glatt asphaltiert, und man kann dort inlinern, was die Beine hergeben. Herrlich war das.

Charly hat einen sehr schönen Bericht über unseren Urlaub geschrieben. Nachzulesen ist er wie üblich hier.

Montag, 1. Oktober 2007

Der Berlin-Marathon 2007

Soll ich in dem düsteren Zustand, ich dem ich mich gerade befinde, wirklich einen Bericht über den Berlin-Marathon schreiben, auf den ich mich schon seit Monaten so sehr gefreut habe? Oder sollte ich lieber warten, bis ich wieder etwas positiver drauf bin, da er sonst wirklich nur trübe rüberkommen könnte? Aber sollte er nicht auch einfach ehrlich sein, mein Bericht, und wer sagt denn, dass ein Marathon-Bericht immer nur von himmelhochjauchzender Stimmung zeugen muss?

Ich nehme die Fakten gleich mal vorweg - ich habe ihn geschafft, meinen dritten Marathon dieses Jahr und meinen dritten Marathon überhaupt, in meiner persönlich schlechtesten Zeit zwar, aber ich bin ihn durchgelaufen, und das war schwer.

Er war hart, der Berlin-Marathon, er war schwer, und er hat wehgetan, und ich habe endlich wieder die nötige Demut und Hochachtung vor diesen 42,2 Kilometern.

Ich denke jetzt mit Staunen an meine beiden ersten Marathons, vor allem an den zweiten in Würzburg, den ich nur vier Wochen nach meinem ersten mit einer absoluten Leichtigkeit und völlig schmerz- und leidensfrei in sagenhaften 4:33 gelaufen bin - ich bin mir seit gestern sicher, dass das meine persönliche Marathon-Bestzeit war und ich das nie wieder werde erreichen können.

Berlin ist eine tolle Stadt - ich liebe Berlin. Ich liebe diese Stadt, weil ich jedesmal, wenn ich dort bin, meinen ältesten und besten Freund Markus treffe, weil ich die Berliner so herzlich und nett und hilfsbereit finde, und weil die allgemeine Atmosphäre in dieser Stadt mich einfach immer wieder überwältigt.

Am Abend vor dem Marathon bin ich bester Dinge, ich bin kein bisschen aufgeregt, warum auch, wir laufen doch nur Marathon!

Charly und Markus und ich sind zum Pizzaessen mit unseren Blogger-Freunden Uli und Manu mitsamt Familie verabredet, leider hat es für Manu dann nicht mehr rechtzeitig hingehauen, aber es war riesig nett, Uli und seine total sympathische Frau und seinen süßen Zwockel zu treffen.

In der Nacht schlafe ich gut, warum auch nicht, ich laufe doch nur Marathon.

Dann der Start. Charly steht mit mir ganz hinten im letzten Startblock, und es dauert 25 Minuten ab Startschuss, bis wir über die Linie laufen. Wir denken daran, dass Haile Gebrselassie nun schon einige Kilometer zurückgelegt hat.

Es geht mir gut, warum auch nicht, ich laufe doch nur Marathon.
Diesen Gedanken halte ich aufrecht bis ca. Kilometer 25, und dann wird es schwer. Es läuft nicht mehr gut. Es fängt an, wehzutun. Ich fange an, mich zu fragen, was ich hier eigentlich mache und warum ich meinen Füßen diese Strapaze antue. Ich denke wieder einmal an Würzburg. Da habe ich genau bei Kilometer 25 nämlich meine Eltern getroffen, die mir die Colaflasche gereicht haben, und ich erinnere mich so genau daran, wie meine Mutter mich fragte, "wie weit ist es jetzt noch?", und ich ihr frohgemut antwortete, "ach, jetzt sind es nur noch 17 Kilometer!", und vor allem erinnere ich mich daran, dass ich das zu dem Zeitpunkt auch ganz genau so gemeint habe!! Unvorstellbar. Und jetzt? Ich habe die Schnauze voll. Ich mag nicht mehr. Aber aufgeben kommt nicht in Frage, also kämpfe ich weiter. Charly fragt mich regelmäßig, wie es mir geht, und ich antworte, "es muss ja", oder", "na ja, es geht schlecht, aber es geht schon", oder so in der Art.

Es ist kein Hammermann, der mich überfallen hat - es ist einfach ein ganz allgemeines Mich-Schlecht-Fühlen.

Bei jeder Verpflegungsstelle fällt mir mehr auf, wie wahnsinnig weh mir das Wieder-Anlaufen tut, wenn ich zum Trinken ein paar Schritte gegangen bin - eine völlig neue und sehr unschöne Erfahrung für mich.

Bei Kilometer 36 dann der absolute Tiefpunkt - Charly und ich sind wieder an einer Verpflegungsstelle, wir gehen ein paar Schritte, trinken, und ich denke daran, dass ich jetzt gleich wieder anlaufen muss, dass es wehtun wird, dass ich schlicht und einfach keine Lust und keine Kraft mehr habe, und ich breche in Tränen aus. Und diesmal sind das keine Glückstränen, die mir die Wimperntusche davonlaufen lassen, das ist mal ganz sicher. Ich bin verzweifelt. Ich zweifle an allem. Charly ist total erschrocken, nimmt mich in den Arm und sagt, "Häsle... nur noch sechs Kilometer.... komm, dann gehen wir halt jetzt eine Weile...." Und dafür bin ich ihm dankbar, denn genau das hat meine letzten Kampfgeister noch einmal motiviert, und ich sage trotzig, "Gehen? Nein. Ich will mit dir durchs Brandenburger Tor laufen, nicht gehen", und laufe wieder an. Es tut weh, aber nach ein paar Schritten wird es wieder besser. Und dann kämpfe ich mich durch die letzten 6 Kilometer. Bei Kilometer 38 denke ich an meinen ersten Marathon und dass ich an dieser Stelle schon mitten in meiner sagenhaften Endbeschleunigung drin war, dass ich die letzten Kilometer alle schneller als sechs Minuten gelaufen bin, einen davon sogar in 5:41 - unvorstellbar heute. Es ginge nicht, selbst wenn ich wollte.

Wir laufen dann irgendwann um eine Kurve und sehen es auf einmal vor uns, das Brandenburger Tor. Noch zwei Kilometer bis dahin. Glücklicherweise kommt das Brandenburger Tor relativ schnell näher, es wird immer größer, da ist es, das Ziel, die Zuschauer sitzen auf den Tribünen und feuern uns an, ein paar Meter vor dem Tor nimmt Charly meine Hand und wir laufen gemeinsam durch das Tor und dann noch die letzten 200 Meter bis ins Ziel, ich höre auf zu laufen, fange an zu gehen, denke nur, "Sch**e, mir tut alles weh", lasse mir die Medaille umhängen, und verspüre kein Glücksgefühl. So. Das war jetzt Berlin, auf den ich mich seit Monaten freue, und das soll es gewesen sein? Wohl schon.

Ich würde gerne noch etwas von der tollen Stimmung an der Strecke erzählen, von den Zuschauern, die teilweise wirklich super drauf waren, von den Bands, die eine irre Stimmung gemacht haben, aber irgendwie ist das alles in meiner Erinnerung untergegangen.

Und so erzähle ich euch nur noch, dass noch am selben Abend dann endlich das eingetreten ist, worauf ich ja schon seit vielen Wochen warte: wenige Stunden nach dem Marathon fing meine Achillessehne an zu schmerzen, aber so richtig. Das war keine Einbildung und keine Paranoia, sie tat weh. Richtig blöd weh. Ich werde jetzt eine Woche Laufpause machen, ja, freiwillig, und ich hoffe, dass das dann wieder gut ist. Eine langwierige Achillessehnengeschichte würde mir jetzt gerade noch fehlen.

Das war mein Berlin.....

Ach ja, meine persönliche Schlecht-Zeit: 4:44:55.