... oder die Geschichte vom furchteinflößenden französischen Apfelkuchen, der doch eigentlich ein deutscher war.
Ich möchte euch ein nettes Anekdötchen aus meinem Urlaub im Allgäu erzählen. Aber dazu muß ich erst ein bißchen ausholen.
Seit Charly regelmäßig bei mir im schönen Burgund weilt, ist er auch ein großer Fan der französischen Leckereien geworden, die es hier im Supermarkt zu kaufen und im Restaurant zu bestellen gibt. Unzählige französische Käsesorten, Brioche, Crème de Cassis, Pizza à la Juraçienne mit Kartoffeln und Cancoillotte-Käse, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen - für ihn sind das oft richtiggehende kulinarische Offenbarungen. Mich freut das, und wie das so ist, wenn man etwas Leckeres entdeckt, dann möchte man es auch mit anderen teilen, die in diesen Genuß noch nicht gekommen sind. Und so beschloß Charly einmal, seinen Nachbarn eine echte französische Brioche mitzubringen. Zuerst durfte Nachbarstochti probieren, die Steffi heißt und diese Brioche sehr lecker fand. Also wollte sie Mutti auch probieren lassen.
Sie hat ein Stück Brioche rüber zu Mutti getragen, "Probier mal, ist lecker!"
Mutti probiert und findet's gut. "Was ist denn das?"
Steffi: "Brioche. Hat Charly aus Frankreich mitgebracht!"
Mutti macht aus ihrem Entsetzen keinen Hehl, reißt schockiert die Augen auf und spuckt die Brioche kurzerhand wieder aus.
Aus Frankreich??
Kennma net - essma net.
Punkt.
Ich schwöre meiner treuen Leserschaft, daß es sich hierbei um eine 100%ig wahre Begebenheit handelt, ich habe das nicht erfunden.
Charly und mich hat diese Geschichte sehr amüsiert (auch wenn ich es zuerst wirklich nicht glauben konnte - kann man echt so borniert sein? Geht das?), und Charly hat sich seitdem gerne mal einen Spaß daraus gemacht, seinen weltoffenen Nachbarn gelegentlich neue und natürlich unbekannte - Schock!!! - Leckereien aus Frankreich mitzubringen.
"Schaut mal, das ist Kir Royal, ein leckerer Apéritif aus Crémant und Crème de Cassis, kommt aus Frankreich, probiert mal!"
"Öhm, och nö, jetzt gerade nicht, aber lass es doch stehen, vielleicht später, danke...."
Charly hat dann natürlich immer aus erster Hand - von der zum Glück sehr viel weltoffeneren Nachbarstochter - erfahren, daß absolut nie etwas von dem aus Frankreich Mitgebrachten probiert wurde, sondern daß die Sachen immer klammheimlich weggeworfen wurden.
Ist fremd.
Ist nicht deutsch.
Kennma net.
Probierma net!
Es ist unglaublich - ich habe auch Monate gebraucht, bis ich es wirklich fassen konnte - aber es ist tatsächlich wahr.
Soweit zur Vorgeschichte. Nun die eigentliche Anekdote aus meinem Allgäu-Urlaub.
Seit ich mit Charly zusammen bin, und das sind jetzt immerhin schon bald zwei Jahre, wollte ich ihm einen Kuchen backen. Einen original Hasenkuchen mit viel Liebe. Leider geht das hier im Hasenstall nicht, weil ich keinen Ofen habe, und bei Charly war es schwierig, weil er nicht die nötigen Utensilien besitzt. Aber diesmal haben wir eine Lösung gefunden - wir haben uns einfach die notwendigen Kuchenback-Utensilien von den Nachbarn ausgeliehen, und so konnte es losgehen. Ich sage es ganz ohne Bescheidenheit, mein Apfelkuchen aus Rührteig mit braunem Zucker und Zimt war ein Traum. Spätestens seit diesem Kuchen ist sich Charly wirklich restlos sicher, daß er sein Leben mit mir verbringen will :o)
Da uns Nachbarsmutti so nett ihre Sachen geliehen hatte, haben wir ihr auch ein Stück Kuchen gebracht. Und die große Überraschung folgte postwendend. Steffi verriet uns, daß Mutti total hingerissen von meinem Kuchen gewesen sei, und der sei ja wirklich ganz besonders lecker gewesen, und sie wolle sehr gerne das Rezept haben. Und niemand war darüber verblüffter als Steffi selbst - wo sie doch am allerbesten weiß, daß Mutti ganz besonders große Stücke auf ihre eigenen Kuchen hält und fremde Kuchen eigentlich gar nicht ißt, nicht einmal deutsche.
Und sie mochte meinen Kuchen!!
Und wollte das Rezept!!
Natürlich erwachte sofort das Teufelchen in mir.
RACHE.
Sie würde es kriegen, mein Rezept. Aber wie :o)
Ich hatte das Rezept auf einer deutschen Internetseite gefunden und hätte es ihr eigentlich nur noch einmal ausdrucken müssen. Aber nö, das hätte keinen Spaß gemacht. Also schrieb ich es fein säuberlich von Hand ab. Den Namen des Kuchens habe ich dabei leicht abgeändert. Aus dem deutschen Apfelkuchen wurde ein französischer Apfelkuchen.
Am nächsten Tag brachte ich Mutti das Rezept vorbei. Ich drückte es ihr in die Hand mit den Worten, "Tut mir leid, daß ich das Rezept erst jetzt vorbeibringe, aber ich mußte es erst noch aus dem Französischen ins Deutsche übersetzen. Das ist nämlich ein französischer Apfelkuchen. Die Zutaten kamen auch allesamt aus Frankreich. Es freut mich wirklich sehr, daß er Ihnen geschmeckt hat. Viel Spaß beim Nachbacken und einen schönen Tag noch!!"
Den Gesichtsausdruck von Mutti dürft ihr euch jetzt selber vorstellen.
Leider war es für sie zu spät, um sich den Finger in den Hals zu stecken und das ausländische Teufelszeug auf diese Art wieder loszuwerden :o)))
Und so wurde aus dem Apfelkuchen, der eigentlich ein deutscher war, ein französischer Apfelkuchen.
Und ich schwöre euch, ich habe nicht die Spur eines schlechten Gewissens, weil ich Mutti angeflunkert habe.
Dunkle Tage
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Kurz noch ein Thema, das ich bereits vor Wochen angeschnitten hatte: Das
Blogsterben: in den 17 Jahren, in denen ich kontinuierlich und sehr gerne
blogge, ...
vor 2 Tagen